73 Minuten lang ist Salzburg am Donnerstag in der Fußball-Europa-League auf Aufstiegskurs gelegen. Mit zwei Gegentoren innerhalb von drei Minuten drehte sich aber die Ausgangslage für das Viertelfinal-Rückspiel am kommenden Donnerstag. Das 2:4 wurde im Finish noch zur Lehrstunde durch Lazio Rom. Die "Bullen" zeigten Mut, offenbarten aber auch Schwächen, die von Lazio eiskalt ausgenutzt wurden.

"Wir haben Tore aus Situationen bekommen, die wir hier in Rom nicht kriegen dürfen", ärgerte sich Trainer Marco Rose nach seiner ersten Pflichtspielniederlage nach 35 Partien. Da half auch nichts, dass man genau wusste, was auf einen zukommt. In den individuell starken Hausherren, die nach Ballgewinnen blitzschnell umschalteten, fand Österreichs Serienchampion seinen Meister. Und ging erstmals nach 19 Europacuppartien als Verlierer vom Platz. Rose nahm sein Team in Schutz: "Auf diesem Niveau ist das aber auch normal. Lazio besitzt individuelle Klasse, die nicht einfach zu verteidigen ist."

Rose lobt Mentalität

Rose, der in der aufgeheizten Atmosphäre des Olympiastadions keinen Grund für die Niederlage sah ("Ich denke nicht, dass die Mannschaft darauf negativ reagiert hat"), lobte auch die Mentalität seiner Truppe. "Wir haben einen großen Fight daraus gemacht", erklärte er im Hinblick auf die zwischenzeitliche Aufholjagd. Dem frühen 1:0 für Lazio (8.) folgte das 1:1 durch einen Elfer von Valon Berisha (30.), die neuerliche Führung der Italiener (49.) beantwortete Takumi Minamino nur eine Minute nach seiner Einwechslung mit dem 2:2 (71.).

"Wir dürfen den Gegner nicht so leicht umschalten lassen", sprach Rose die Ballverluste an, die den Römern ihre blitzschnellen Konter und die letzten Treffer durch Felipe Anderson (74.) und Goalgetter Ciro Immobile (76.) ermöglichten. Das Abwägen zwischen Mut und Sicherheit verlief letztlich zuungunsten der Gäste, die dank der zwei Auswärtstore dennoch vor keiner unlösbaren Aufgabe im Rückspiel stehen. "Wir hätten uns auch hinten reinstellen können und hoffen, dass wir kein Tor kriegen", erklärte Rose trocken. "Aber das sind halt nicht wir. Wenn wir mutig und gut vorwärts verteidigt haben, haben wir gute Ballgewinne gehabt. Wenn wir es weniger aktiv gemacht haben, dann haben wir auch Probleme bekommen."

Der Ausgleich "beflügelte"

Ähnlich sah es Außenverteidiger Stefan Lainer. "Wir haben gewusst, dass wir aufpassen müssen, wenn wir ins Zentrum spielen. Das haben wir zwei, drei Mal gemacht, und das ist eiskalt bestraft worden. Das darf uns in der nächsten Woche nicht mehr passieren", meinte der 25-Jährige. Dabei könnten auch die Emotionen eine Rolle gespielt haben. Man sei durch das 2:2 "beflügelt" worden", erklärte Lainer. "Wir haben gedacht es geht mehr, wir können auf Sieg spielen."

Ins selbe Horn stieß Mittelfeldmann Xaver Schlager. "Nach dem 2:2 waren wir voller Euphorie, voller Adrenalin", betonte er, und meinte: "Lazios Umschaltspiel ist brutal gut." Routinier Andreas Ulmer, Lainers Gegenpart auf der linken Seite, wollte freilich klargestellt haben, dass man "nicht übermütig", sondern "mutig" agierte: "Details haben das Spiel entschieden."

Vor welche Herausforderung der Gegner gestellt wurde, zeigten auch die Reaktionen der Gastgeber, die letztlich bewiesen, warum sie die Tormaschine der Serie A sind. Die Erleichterung, im Finish noch einen klaren Sieg herausgespielt zu haben, war zu hören. "Salzburg ist ein starkes Team. Sie haben viel gepresst und sind technisch sehr stark", meinte Lazios Mittelfeldmann Patric.

Lazio-Trainer warnt

Trainer Simone Inzaghi, der an seinem 42. Geburtstag an der Seitenlinie hochaktiv agierte, atmete ebenso auf: "Salzburg war stark, hat uns Probleme bereitet." Der Aufstieg sei aber noch weit entfernt. "Es wird am Donnerstag schwierig werden, sagte der Bruder von AC-Milan-Legende Filippo und lobte den Anhang: "Die Fans waren die zusätzliche Kraft, die uns den Sieg ermöglicht hat."

Einen kleinen Stimmungsaufheller für Salzburg gab es noch gut eine Stunde nach Spielende. Hatten bis dahin viele geglaubt, dass nicht nur Diadie Samassekou, sondern auch Schlager für das Rückspiel Gelb-gesperrt ist, stellte sich schließlich heraus, dass nur Erster davon betroffen ist. Die Gelbe Karte für den ÖFB-Neoteamspieler war ursprünglich falsch im Spielbericht vermerkt gewesen, die UEFA klärte die Verwirrung auf. Lainer gab sich so oder so optimistisch: "Wir können das durchaus noch drehen."