Die Waffen strecken wollte niemand bei Bayer Leverkusen. Doch in den Kommentaren der Spieler schwang nicht wirklich die Überzeugung mit, nach einer Lehrstunde in der Champions League noch ein kleines Fußball-Wunder vollbringen zu können. Vor allem Österreichs Teamverteidiger Aleksandar Dragovic erwischte bei der 2:4-Heimniederlage am Dienstagabend gegen Atletico Madrid einen rabenschwarzen Tag.

"Hoffnung ist eigentlich immer da, die stirbt zuletzt. Die Konstellation ist aber schon schwierig. Wir spielen auswärts und haben vier Tore kassiert", betonte Julian Brandt nach der Pleite im Achtelfinal-Hinspiel gegen den Vorjahresfinalisten Atletico, der schon vor zwei Jahren für Bayer Endstation war.

Brandt versuchte wie alle Beteiligten im Werksclub, sich an den letzten Eindrücken eines Spiels festzuhalten, das den 29.300 Zuschauern in der BayArena vor allem in der ersten Hälfte einen Klassenunterschied offenbart hatte. "Man hat zwei Gesichter von uns gesehen. In der ersten Halbzeit waren wir sehr naiv. Wir haben Dinge mit dem Ball gemacht, die nicht normal für uns sind", sagte der 20-Jährige. "In der zweiten Halbzeit haben wir Moral gezeigt."

Haarsträubende Fehler nutze Atletico eiskalt aus und ging mit einer 2:0-Führung durch Saul Niguez (17.) und Antoine Griezmann (25.) in die Pause. Vor dem zweiten Gegentreffer hatte Dragovic, der mit seinem 72. Europacup-Einsatz einen österreichischen Rekord (bisher laut ORF Herbert Prohaska/71) aufstellte, einen Querschläger in den Lauf von Assistgeber Kevin Gameiro fabriziert.

Nach dem Wechsel spielte das Team von Trainer Diego Simeone dann nicht mehr so konsequent und Leverkusen drückte mehr. Dem 1:2 durch Karim Bellarbi (48.) folgte das 1:3 durch Gameiro (58./Foulelfmeter), der von Dragovic an der Strafraumgrenze niedergerissen worden war. Nach dem 2:3 durch das Eigentor von Stefan Savic (68.) hatte Chicharito tatsächlich noch den Ausgleich auf dem Fuß, sein Schuss wurde aber von Außenverteidiger Filipe Luis in höchster Not geklärt. Ex-Welt- und Europameister Fernando Torres zerstörte dann mit seinem Tor alle Hoffnungen (86.).

Leverkusens Trainer Roger Schmidt wollte an diesem Abend noch nicht an das Rückspiel am 15. März in Madrid denken. Der Dämpfer habe nach Meinung des 49-Jährigen auch keinen negative Auswirkungen auf die gute Stimmung in seinem Team nach dem sportlichen Aufschwung durch die Siege gegen Eintracht Frankfurt (3:0) und beim FC Augsburg (3:1). "Man hat heute gesehen, warum Atletico in den vergangenen drei Jahren zweimal das Finale erreicht hat", erklärte der Ex-Salzburg-Trainer. "Man muss sehen, wie wir zurückgekommen sind. Das war außergewöhnlich. Man sieht, wie viel Leben und wie viel Mut in der Mannschaft steckt", fand Schmidt trotz der Niederlage positive Worte.

Simeone, der von seinem Team eine "perfekte erste Hälfte" gesehen hatte, sieht Atletico noch nicht im Viertelfinale. "Wir nehmen ein gutes Ergebnis mit, wir hätten aber sogar noch höher gewinnen können", betonte der Argentinier. Gleichzeitig mahnte er zur Vorsicht: "Dieser Wettbewerb ist gefährlich. Der Gegner hat nichts zu verlieren. Wir müssen aufpassen." Es ist aber kaum zu erwarten, dass sich der Finalist von 2014 und 2016 das Weiterkommen noch nehmen lassen wird.