Der ORF hätte die Spiele von Österreichs Fußball-Nationalteam der Damen bei der Europameisterschaft in den Niederlanden auch im Spartensender ORF Sport+ verstecken können. Diesmal aber holte der Sender die kickenden Damen erstmals auf die große Bühne und zeigt sie auf ORF eins. Die große Resonanz dürfte alle am Küniglberg überrascht haben: 309.000 Zuseher freuten sich am Vorabend des 18. Juli über den Auftaktsieg gegen die Schweiz und 460.000 sahen am Samstagabend das erfreuliche Unentschieden gegen Frankreich. Weder (die Herren) von Sturm Graz noch jene von Altach und Austria Wien stießen in den letzten Tagen auf so großes Interesse der Fußballfans.

Der ORF reagierte noch in der Vorwoche umgehend und holte auch das letzte Gruppenspiel heute Mittwoch gegen Island in den "Einser" (Anpfiff: 20.45 Uhr). Es war ursprünglich auf ORF Sport+ angesetzt gewesen. Auch die Fußball-Herren aus Salzburg erwiesen sich als Gentlemen: Sie überlassen dem Damen-Nationalteam den besseren Sendeplatz und tragen ihr Match gegen Rijeka heute extra schon um 18.45 Uhr aus.

ORF-Sportchef ist "suchend unterwegs"

Auch das ORF-Studio ist während der Europameisterschaft weiblich dominiert: Alina Zellhofer oder Kristina Inhof moderieren, Elisabeth Tieber (18 Länderspiele) analysiert. Nur etwas fehlt im ORF noch: eine Frau als Kommentatorin. Das Spiel gegen die Schweiz kommentierte Michael Roscher, am Samstag gegen Frankreich war Oliver Polzer hinter dem Mikro und heute ist Erwin Hujecek an der Reihe. Hier sind deutsche Sender schon einen Schritt weiter: In der ARD ist morgen Donnerstag etwa Stephanie Baczyk Live-Reporterin bei Portugal - England und im ZDF war erst letzten Sonntag bei England - Spanien Claudia Neumanns Stimme zu hören. Bei Sky kommentiert Christina Graf bereits seit 2013 Spiele der deutschen Bundesliga. ORF-Sportchef Hans Peter Trost ist sich der männlichen Dominanz an den Stadienmikros durchaus bewusst. In Sachen Fußballkommentatorinnen ist er aber ohnehin "suchend unterwegs". Es werde aber "noch eine Zeit lang dauern".