In wenigen Tagen heben Sie wieder ab nach New York. Neun Jahre in der NHL – was hat sich alles verändert?

Michael Grabner: Am Anfang will man in die NHL kommen, ein Tor schießen oder einen Fixplatz erkämpfen. Ich bin einfach froh, dass ich weiterhin ein Teil von diesem Geschäft sein darf. Wie man weiß, können NHL-Karrieren kurz sein.

Die letzten Jahre waren ein Auf und Ab. Haben Sie nach der letzten Saison (31 Tore, 15 Assists, Anm.) höhere Erwartungen?

Jedes Jahr beginnt bei Null. Die NHL ist die beste Eishockey-Liga der Welt. Da gilt es jede Woche und jedes Monat seine beste Leistung abzuliefern.

Die Gehälter in der NHL werden ja veröffentlicht. Ihr Zwei-Jahres-Vertrag bleibt unverändert bei 1,65 Millionen US-Dollar dotiert und ist damit im unteren Durchschnitt angesiedelt. Ist das ärgerlich nach so einer guten letzten Saison?

Nein, vielleicht denken andere Spieler so. Ich bin froh, im Sommer 2016 überhaupt einen so guten Vertrag erhalten zu haben und dass ich mich bei den Rangers beweisen durfte. In Toronto habe ich ja nur neun Tore geschossen.

Wie viel bleibt Ihnen von den 1,65 Millionen übrig?

Die Leute sehen nur die großen Zahlen. Schlussendlich werden die Gehälter brutto ausgezahlt. In New York ist die steuerliche Belastung extrem hoch, neben den Lebenskosten. Wir Spieler müssen der Liga eine Abgabe zahlen, die wir nur im Gewinn-Fall zurückerhalten sowie einen Gewerkschaftsbeitrag leisten. Dann fällt noch Miete an und die Kosten für den Agenten an. Aus einer Million werden so schnell 300.000 US-Dollar.

Sie gehören zu den Routiniers. Werden Sie auf dem Eis dadurch respektvoller behandelt?

Ich denke schon, dass meine Leistungen für Anerkennung sorgen. Für junge Spieler bin ich sicher ein Ansprechpartner.

Bei den New York Rangers gibt es wieder neue Gesichter. Sind Sie mit den Einkäufen zufrieden?

Letzte Saison waren wir eine ganz enge Truppe. Meine Kumpels Derek Stepan und Dan Girardi sind leider weg. Bei uns hielten sich die Transfers in Grenzen. Diese Entscheidungen trifft aber immer der General Manager (Jeff Gorton, Anm.). Dafür haben wir mit Kevin Shattenkirk sicher einen ganz starken Mann erhalten. Kommen und Gehen gehört zum Business. Ich spiele mit den Leuten, die in der Kabine sitzen.

Gab oder gibt es Situationen, in denen sich Spieler durch Trades als Ware fühlen?

In Nordamerika wachsen die Eishockey-Spieler damit auf. Ich habe mich bei den Trades trotzdem überrumpelt gefühlt. Aber das gehört einfach zum Job.

Die Rangers sind ja ein Glamour-Klub in der NHL. Lange blieb der sportliche Erfolg auf der Strecke. Hat sich das geändert?

Es sind noch immer viele Stars bei den Spielen und der Klub ist weltbekannt. Mittlerweile steckt viel Strategie dahinter und ein gut organisierter Verein. Die Auswirkungen mancher Entscheidungen werden auf zehn Jahre hinaus berechnet. So etwas erkennen manche Fans nicht immer.

Sie sind ein klassischer Rollenspieler. Hat Ihnen das für den Verbleib in der NHL geholfen?

Ich habe mir sicher einen guten Namen gemacht, dass ich in Unterzahl Spielzüge gut lesen und die Verteidiger dadurch unter Druck setzen kann. Und solange die Geschwindigkeit da ist, mache ich mir keine Sorgen.

Sie werden 30 und spielen gegen 20-Jährige. Zunehmendes Alter und Schnelligkeit. Wie lässt sich das vereinbaren?

Das Sommer-Trainingsprogramm hat sich verändert. Ich mache viele Sprünge und mehr Schnelligkeitsübungen als früher. NHL-Star Teemu Selänne hat seine Geschwindigkeit auch mit über 40 Jahren gezeigt.

Sehen Sie Ihre Zukunft hinter der Bande bei einem NHL-Klub oder wollen Sie eventuell in Europa weiterspielen?

Bei solchen Fragen merke ich, dass ich alt werde (lacht). Mit einer blöden Verletzung kann schnell alles vorbei sein. Vielleicht sagen die Rangers in zwei, drei oder vier Jahren „Wir wollen dich als Co-Trainer“.

Wäre das eine Option?

Das gilt dann zu überlegen. Es ist immer besser, solange dein Name in der NHL präsent ist, auch dort zu bleiben. Nach zwei oder drei Jahren in Europa hat man die Karriere schön ausklingen lassen, gleichzeitig kann man in der NHL schnell in Vergessenheit geraten. Über dieses „Was ist, wenn“ habe ich schon mit meinem Berater gesprochen. Jetzt will ich mich aber weiter auf meine Karriere fokussieren.

Sie haben immer einen guten Riecher bewiesen. Wer spielt heuer um den Stanley Cup?

Pittsburgh Pengiuns werden sicher wieder gut sein, die sind ja immer gut. Vielleicht auch Minnesota oder Columbus. Ich denke, dass sich die Anwärter auf dem Cup vom Westen auf den Osten verlagert haben.

Thomas Vanek hat noch immer keinen Vertrag. Haben Sie etwas gehört?

Er hat keinen Stress, aber er wird einen NHL-Vertrag erhalten. Mehr will ich nicht sagen.

Bei ihrem Stammklub VSV hat sich im Sommer einiges getan. Wie intensiv verfolgen Sie das?

Der VSV ist mein Verein und da will ich natürlich helfen. Von außen ist es immer leichter, Urteile zu fällen. Speziell, was die Transfers betrifft.

Letzte Frage: Worauf konzentrieren Sie sich in Ihrem vorerst letzten Vertragsjahr bei den Rangers?

Ich will natürlich wieder viele Tore schießen. Der Erfolg des Team hat aber Vorrang. Den Stanley Cup zu stemmen, bleibt mein Traum. Wenn ich dadurch weniger Tore schießen sollte – kein Problem (lacht).