Drei Tage und drei Nächte, sagt man, dauert es, bis Emotion gewichen ist und Sachlichkeit zurückkehrt. Es wäre beim KAC höchste Zeit dafür. Denn von einer Sachlichkeit war in den vergangenen Monaten nicht viel zu spüren. Unermüdlich wurde besänftigt, Kritik zurückgewiesen – weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Wie etwa Fehleinkäufe, Offensivschwäche, taktische Unzulänglichkeiten oder erloschenes Feuer. Selbst Rotjacken-Akteure standen ihren Leistungen kritischer gegenüber als ihre Bosse.

Das gipfelte in obskure Theorien und Beurteilungen über Vorstellungen der Rotjacken, die nach dem Ausscheiden im Viertelfinale so kommentiert worden sind: „Ich bin stolz auf die Mannschaft. Sie hat alles gegeben, was in ihrer Möglichkeit gestanden ist. Insgesamt bin ich mit dem Trainerteam zufrieden, genauso mit vielen Spielern“, sagte KAC-Sportdirektor Dieter Kalt zusammengefasst im Sky-Interview nach einem 0:2 im sechsten Spiel gegen Außenseiter Bozen. Der Klagenfurter ist dafür bekannt, seine Worte stets mit Bedacht zu wählen. So eine Rhetorik jedoch versetzt den geneigten Beobachter ins Staunen. Oder auch nicht.

Sie fügt sich nahtlos in das neue Verständnis der Rotjacken ein. Die Ecken und Kanten, die Klub wie Marke einst geprägt hatten und aufgrund dessen weit über die Landesgrenzen hinaus polarisieren, werden nun versucht, glatt zu schleifen. Wer das hinterfragt, dem wird attestiert, „Unruhe zu stiften“. Und das findet im heimeligen Trainerkammerl unter den Kalt-Freunden Reinhard Divis und Christoph Brandner keinen Platz. So blieb der Realität in dieser Saison oft der Zutritt verwehrt. Beispielsweise, dass selbstverständlich analysiert werden muss, ob Trainer Steve Walker die Mannschaft noch erreicht. Ohnmächtig wirkte sie nicht nur im Play-off. Lethargie gepaart mit offensiver Ideenlosigkeit zeichnete sich über weite Strecken der Saison ab.

Was jedoch Unruhe stiftet, sollten die drei Freunde aus ihrer eigenen Profizeit wissen. Es lässt sich nicht klar eruieren, warum heimische Stützen und Identitätsfiguren dermaßen um Wertschätzung buhlen müssen. Dass Klagenfurter Leistungsträger wie Koch, Hundertpfund oder Schumnig noch immer vertragslos sind, gilt als Affront der eigens auferlegten Klub-Philosophie („Schwerpunkt wird auf Österreicher gelegt“). Hinsichtlich Personal- wie Transferpolitik zeigte man sich dagegen bis zuletzt uneinsichtig. Julian Talbot, im oberen finanziellen Segment angesiedelt, blieb vieles schuldig. Jon Rheault kam über die Funktion eines Mitläufers nicht hinaus. Fälle, derer man sich im Herbst hätte entledigen müssen. Mitja Robar blieb ein Unsicherheitsfaktor und Jamie Lundmark wird zwar immer eine Rotjacken-Legende bleiben, war aber bereits im Spätherbst seiner Karriere angelangt. Allesamt Rollen, die von jungen Spielern hätten erfüllt werden können. Play-off-Aus? Vermutlich, aber erhobenen Hauptes.

Fehlendes Scouting

Warum der KAC, im Gegensatz zu anderen Klubs, jedoch so wählerisch mit angebotenen Legionären umgeht, bleibt ein Rätsel. „Der funktioniert nicht bei uns. Wir forcieren ein starkes Kollektiv“, lautet ein typischer Satz seitens der Rotjacken-Führungsriege. Ein anderer: „Einen besseren musst’ erst finden“, wirkt als Verlängerungsformel, Credo und verdeutlicht die gesunkenen Ansprüche. Vehement wehren sich Kalt sowie Geschäftsführer Oliver Pilloni gegen ein Vor-Ort-Scouting vor Spielerverpflichtungen, sondern werden zu „Schreibtisch-Tätern“. Und dann passiert Folgendes: Der KAC kam lediglich auf drei Heimspiele mehr, als der finanziell geprügelte VSV.

Ein deutlich besseres Händchen beweisen die Rotjacken im eigenen Haus. Die Maßnahmen im Nachwuchs scheinen voll aufzugehen. Von der U8 bis zur U18 macht sich die unermüdliche Arbeit von Trainern und Betreuern bezahlt. Zu seinem Amtsantritt als Sportdirektor (seitdem spielte der KAC immer im Play-off) meinte Kalt prophezeiend: „Es wird nicht immer rosarote Zeiten geben.“ Das mag schon sein. Dann gilt es aber auch, dementsprechend zu handeln und die Seifenblase zum Platzen zu bringen.