Die Dramaturgie dürfte bekannt sein: Wenn Österreich bei einer Eishockey-A-WM dabei ist, herrscht kurz Euphorie. Es folgen Katzenjammer und Schuldzuweisungen, wenn der wahrscheinliche Abstieg in die B-Gruppe eintritt. Richtig oder falsch?

ROGER BADER: In Österreich herrscht manchmal eine völlige Fehleinschätzung und falsche Erwartungshaltung. Sowohl beim Fußball als auch beim Eishockey. Selbst wenn wir heuer in Dänemark dabei sind - wir sind weit davon entfernt, eine A-Nation zu sein.

Das bedeutet?

ROGER BADER: Wann wurde der letzte Österreicher in der NHL, der besten Eishockey-Liga der Welt gedraftet? Vor elf Jahren. Das muss man sich vorstellen. Unser Nachwuchs hat C-Niveau, es gibt kein Reservoir an Spielern. Wir sind kein Außenseiter, der vielleicht einen Favoriten schlagen kann. Die Realität ist: Wir sind krasser Außenseiter. Es gibt in der Top-Division 14 Teams und immer zwei Gäste, darunter Österreich, in den vergangenen zehn Jahren.

Für A-Niveau müsste man drei Jahre in Folge dort spielen.
Gegner sind unter anderem Russland, Tschechien und Schweden. Sie liegen außer Reichweite. Wer ist schlagbar, Frankreich?

ROGER BADER: Die Franzosen spielen seit zehn Jahren oben. Es ist eine maßlose Überschätzung zu behaupten, dass wir gegen sie gewinnen müssten. Und der Rest sind wirkliche A-Nationen wie Schweiz, Weißrussland und Slowakei.

Welches Ziel geben Sie vor?

ROGER BADER: Wir werden versuchen, mit unserer Philosophie zu agieren. Unterschiedliche Systeme wurden in der Vorbereitung ausprobiert und wir arbeiten mit einer international üblichen Spielweise.

Wohl im Gegensatz zur heimischen Liga?

ROGER BADER: Es ist das alte Problem: Die Intensität bei Puckbesitz ist jetzt hoch, den Spielern bleibt keine Zeit. Das müssen sie am eigenen Leib erleben, da hilft kein Videostudium.

Österreich hat neun Tests in den Beinen. Der Kader wurde mehrmals umgekrempelt. Welches Niveau besitzt das Team?

ROGER BADER: Ich bin mit den Leistungen vom Turnier in St. Petersburg zufrieden. Es hat uns gut getan, weg zu sein von Österreich. Bei uns kam so etwas wie Lagerstimmung auf. Sportlich sind wir im Plan, aber nicht dort wo wir nächste Woche sein wollen. Es ist so ein Zwischending.

Eine gute Stimmung im Team ist Ihnen wichtig. Wie erschaffen Sie eine Einheit, wenn die Spieler erst nach und nach eintrudeln?

ROGER BADER: Ich spreche offen, alle sind auf personelle Planungen vorbereitet. Aber es gibt natürlich Dinge, die dem Teambuilding dienen. Man muss sich aber schon bemühen und es ernst meinen. Die Spieler fallen auf den selben Schmäh nicht zwei Mal herein.

NHL-Spieler Michael Raffl wird nach Kopenhagen nachkommen. Ein Lichtblick?

ROGER BADER: Das freut mich und er wird uns sicher sehr helfen, keine Frage. Aber sein Bruder Thomas Raffl fehlt uns. Oder auch Raphael Herburger. Solche Spieler sind nur schwer zu ersetzen.

Die Schweiz wartet zum WM-Auftakt. Was empfinden Sie, wenn Sie gegen das Eishockey-System ihrer Heimat antreten?

ROGER BADER: Ich blende meine Gefühle aus. Schweiz ist nicht das Thema. Meine Aufgabe ist es vielmehr, ein Team zu formen.

Hand auf’s Herz: Schafft Österreich den Klassenerhalt?

ROGER BADER: Das hängt, wie man weiß, auch vom Wettkampfglück ab. Wir hoffen natürlich, dass wir überraschen können. Aber wie gesagt: Es liegt nicht nur in unserer Hand.