Am 19. Dezember hätte er vor Gericht stehen sollen. Der Vorwurf: Peter Seisenbacher soll als Vereinstrainer zwei Mädchen sexuell belästigt haben, die damals 9 und 13 Jahren alt waren. Der Ex-Judoka und Doppelolympiasieger ist aber nie vor Gericht erschienen, sondern geflüchtet.

Die Staatsanwaltschaft ließ den 57-Jährigen per internationalem Haftbefehl suchen. Heute Vormittag war es dann so weit: Peter Seisenbacher wurde in der Ukraine in Kiew verhaftet. "Ja, das stimmt", bestätigt sein Anwalt Bernhard Lehofer. "Ich bin in Kontakt mit ihm. Derzeit läuft das Auslieferungsverfahren."

Die erforderlichen Anträge auf Auslieferung des 57-Jährigen an Österreich wurden bereits an die ukrainischen Behörden gestellt, berichtete Christina Salzborn, Sprecherin des Landesgerichts Wien. Ein neuer Termin für die Hauptverhandlung gegen Seisenbacher wird nach der tatsächlichen Auslieferung festgesetzt.

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Salzborn hob die gute Zusammenarbeit zwischen den österreichischen Justiz- und Polizeibehörden mit der Ukraine und Georgien hervor. Eine wichtige Rolle bei der Festnahme Seisenbachers hätten die in Kiew und Tiflis (Georgien) stationierten österreichischen Verbindungsbeamten gespielt. Diese koordinierten zwischen dem Bundeskriminalamt, den örtlichen Behörden und dem Landesgericht für Strafsachen.

"Vor ein paar Wochen sind konkrete Hinweise auf seinen Aufenthaltsort eingegangen", präzisierte Salzborn. Verstärkte Erhebungsmaßnahmen des Bundeskriminalamts und umfassende Observationen vor Ort hätten schließlich zum Fahndungserfolg geführt. In welches Gefängnis Seisenbacher von den Kiewer Behörden gebracht wurde, ließ sich vorerst nicht eruieren.

Ukrainische Polizei griff zu

Auch Silvia Kahn vom Bundeskriminalamt bestätigt die Festnahme. "Österreichische Zielfahnder haben Peter Seisenbacher aufgespürt, die Verhaftung selbst wurde von der ukrainischen Polizei durchgeführt." Die Zusammenarbeit der Behörden habe sehr gut funktioniert. Jetzt warte man das Auslieferungsverfahren ab.

Die Festnahme in seiner Wohnung soll Seisenbacher völlig überrascht haben. Auf die Spur des untergetauchten Ex-Judokas war man nach umfangreichen Telefonüberwachungen und Observationen durch Kontaktbeamte des Bundeskriminalamts in der Ukraine gekommen. Seisenbacher wechselte zwar regelmäßig seine Handys, kontaktierte aber immer wieder dieselben Personen, darunter auch seine in Wien wohnhafte Mutter.

Vor seinem Prozess, in dem es um wiederholte Übergriffe in seiner Zeit als Trainer eines Wiener Judovereins zulasten ihm anvertrauter Mädchen gehen sollte, dürfte sich Seisenbacher schon länger nicht mehr in Aserbaidschan aufgehalten haben, wo er zuletzt als Trainer der Judo-Nationalmannschaft fungiert hatte und daher vermutet worden war. Fest steht, dass er am 14. Dezember einen Flieger von Georgien in die Ukraine nahm und in weiterer Folge in Kiew eine Wohnung bezog. An seiner Seite soll sich in den Monaten seit seinem Verschwinden eine Frau befunden haben.

Trainer im Judo-Verein

Nach dem Ende seiner aktiven Karriere war Seisenbacher als Trainer seinem Sport treu geblieben. In seinem Wiener Judo-Verein soll er - so die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Wien - zwischen 1997 und 2004 zwei im Tatzeitraum jeweils unmündige Mädchen missbraucht haben. Eine weitere Jugendliche wehrte ihn laut Anklage ab, als er zudringlich wurde - die Staatsanwaltschaft hat dieses Faktum als versuchten Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses angeklagt. Seisenbacher hat sich zu den Anschuldigungen bisher nicht öffentlich geäußert hat. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.