Seit vielen Jahren leiden unsere Leser und viele ihrer Nachbarn unter enormen Lärmemissionen eines Stahlwerkes: tagsüber und vor allem auch in der Nacht. Kürzlich habe ein Schallsachverständiger des Landes eine Lärmmessung durchgeführt. „Diese ergab im Messzeitraum von 22.00 Uhr bis 01.00 Uhr Werte von 52 bis 59 Dezibel (dB) in einer Entfernung von rund einem Kilometer Luftlinie zur Schallquelle“, berichteten die Leser, die sich nun fragen: „Ist es zumutbar, dass derartige Lärmpegel in der Nacht auftreten? Wo liegen hier die gesetzlich erlaubten Grenzwerte?“

Genehmigung ist Pflicht

Eine anlagenrechtliche Genehmigungspflicht für eine Betriebsanlage liegt laut Rechtsanwalt Wolfgang Reinisch dann vor, wenn die Anlage in einer theoretischen Prognosebetrachtung geeignet ist, Leben und Gesundheit von Menschen, das Eigentum oder sonstige Rechte der Nachbarn zu gefährden oder Nachbarn durch Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung unzumutbar zu belästigen.

„Ob eine Belästigung zumutbar oder unzumutbar ist, ist unter Bedachtnahme auf die örtlichen Verhältnisse am Maßstab eines gesunden Erwachsenen zu beurteilen“, erläuterte der Jurist.

Die Genehmigung dürfe jedenfalls nur dann erteilt werden, wenn derartige Gefährdungen oder unzumutbare Belästigungen – nach Prüfung der Behörde auf Basis von Befund und Sachverständigengutachten – nicht zu befürchten wären.

Grundsätzlich könne aber kein Zweifel daran bestehen, dass ein Stahlwerk einer gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung bedarf. Eine solche werde daher vorliegen.

Rechte der Nachbarn

„Aber auch nach erfolgter Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage hat der Nachbar wesentliche Rechte! Dieser kann unter Berufung auf Paragraf 79 a der Gewerbeordnung den Antrag stellen, dass die Behörde nachträgliche Auflagen zum Schutze seiner Gesundheit bzw. zur Abwehr von unzumutbaren Belästigungen vorschreibt“, führte Reinisch weiter aus.

Dadurch erlange der Nachbar Parteistellung. Betroffene Anrainer könnten selbst in diesem Verfahren ihre Rechte geltend machen. Auch die Beiziehung des Amtsarztes erscheine geboten. „Dieser muss beurteilen, ob ein bestimmter gemessener Lärmpegel die gesetzlichen Kriterien der Unzumutbarkeit oder sogar Gesundheitsschädlichkeit erfüllt“, so Reinisch.