Am Anfang dieser Geschichte stehen zwei nicht mehr ganz neue Häuser etwas außerhalb von Graz, etwa sieben Kilometer voneinander entfernt. In einem davon lebt der Vater mit seiner Partnerin. „Ein Architektenhaus aus den 1970ern, das mir langsam viel zu groß geworden ist“, sagt er. Im anderen wohnt der Sohn mit seiner Familie. „Es war das Haus meiner Großeltern, und es stand gerade eine größere Sanierung an“, gibt er zu Protokoll. Am Ende dieser Geschichte stehen zwei nagelneue Häuser am Grazer Stadtrand, nur ein paar Schritte voneinander entfernt. In dem einen wohnt der Vater, in dem anderen der Sohn, und doch wohnen sie gemeinsam. Mit so viel Abstand wie nötig und so viel Nähe, wie möglich ist.

Fürs Mehr-Generationen-Wohnen hatten Vater und Sohn schon immer etwas übrig. Bei den ersten Umzugsplänen ist sogar noch die Schwester des Seniors dabei. Schließlich bleiben aber zwei Familien übrig, die mehr zusammenrücken wollen und sich für dieses Projekt 2009 auf Grundstückssuche in Graz begeben. Zufällig findet der Junior ein steiles Hanggrundstück am Grazer Stadtrand, berichtet seinem Vater am Telefon ganz begeistert von der sensationellen, unverbaubaren Aussicht auf Wald, Wiese und die Stadt und erhält ganz spontan den Auftrag: „Wenn’s dir gefällt, dann kauf’s!“

Danach beginnt ein Hindernislauf von Planer zu Planer. „Alle haben uns gesagt, dass man mit dem Budget, das wir zur Verfügung hatten, nur einen sozialen Wohnbau errichten kann, aber keine zwei Einfamilienhäuser, wie wir sie uns vorstellen“, sagt der Junior, der sich damit aber nicht zufriedengeben wollte. „In der Not hab ich mir um 100 Euro Architekturbücher gekauft und darin alle Häuser markiert, bei denen der angegebene Quadratmeterpreis unter 2000 Euro lag“, sagt er.

Gesucht und gefunden

Eines dieser Häuser, die auch architektonisch ganz nach dem Geschmack der Familie waren, war das private Einfamilienhaus von Bernhard Schönherr von Love Architecture. „Ich hab beim Architekten angerufen und gefragt, ob er so ein Haus tatsächlich um diesen Preis bauen kann“, erzählt der Sohn. „Die Antwort war, dass er sein eigenes Haus als Architekt freilich besonders günstig bauen konnte, als Kunden seien wir aber mit 20 Prozent Mehrkosten dabei“, sagt der Junior. „Damit haben wir uns in einem akzeptablen Rahmen bewegt.“

Der Rest war perfekte Teamarbeit zwischen Planer und Auftraggebern. Schönherr verstand die Großfamilie, die ein nicht ganz alltägliches Raumkonzept vor Augen hatte. Ein Raumkonzept, wie sie es bei einem Entwurf des niederländischen Architekten Ben van Berkel gesehen hatten: „Drei Seiten Glas und alles offen – keine 17 Zimmer“, bringen es Vater und Sohn auf den Punkt. Anders gesagt: Wohnzonen statt Zimmer, womit man sich auch unnötige Gangflächen erspart, und das alles möglichst barrierefrei und offen für alle Veränderungen, die das Leben so mit sich bringt.

Schönherr entsprach den Wünschen seiner Bauherren mit zwei Wohneinheiten, die wie Aussichtsplattformen am Hang sitzen oder vielmehr schweben: oben das etwas kleinere Haus des Vaters, mit einer Einliegerwohnung im Untergeschoß (als Büro oder, wenn einmal nötig, für die Pflegehilfe), etwas unterhalb am Hang das größere Haus des jungen Paares mit seinen zwei Kindern. Das angedeutete Satteldach mit nur 2 Prozent Neigung bringt dabei Spannung in den Raum und sorgt für Raumhöhen zwischen 2,70 und 3,10 Meter. Die rahmenlose Dreifachverglasung vom Boden bis zur Decke bewirkt, dass die Grenzen zwischen drinnen und draußen verschwinden. Jeden Tag ein anderes Naturschauspiel – und die Bewohner sind mittendrin. „Ich habe noch nie so viele Sonnenaufgänge gesehen wie in diesem Haus“, sagt der Vater. Und das Zusammenleben von Jung und Alt funktioniert reibungslos, weil man sich hier zwischendurch auch ganz gut aus dem Weg gehen kann. „Es sind zwar zwei Häuser, aber sie sind ein Ensemble, das wie ein Gehöft funktioniert, in dem jeder seinen eigenen Trakt bewohnt“, meint der Architekt.