25 Jahre lang war Werner Kothgasser im Besitz des 1.900 Quadratmeter großen Grundstücks mit dem bescheidenen Bungalow in attraktiver Stadtlage. Das Haus in Graz diente ihm anfangs als Firmensitz, später wurde es vermietet. Die Instandhaltungskosten waren zuletzt allerdings höher als die Mieteinnahmen. Zusätzlich wurden das Rasenmähen, Heckenschneiden und Schneeschaufeln lästig. Was tun mit einem Besitz, der zwar mehr und mehr zur Belastung gerät, an dem aber doch das Herz hängt?

"Viele haben mich gefragt, warum ich nicht verkaufe, ich hätte auch einen sehr guten Preis für das Grundstück bekommen", erzählt Kothgasser. "Aber was dann?" Attraktive Veranlagungsmöglichkeiten waren mit Ausbruch der Finanzkrise eine Rarität. Wie also den vorhandenen Wert für die nächste Generation sichern, ohne dabei ständig draufzuzahlen? Weder die Idee eines Zubaus noch der Gedanke an einen Abbruch samt Aufbau eines neuen Einfamilienhauses sagten Kothgasser zu.

Schließlich kam über einen gemeinsamen Bekannten der Architekt Michael Kadletz ins Spiel und mit ihm die Idee, die maximale Bebauungsdichte auszunutzen und einen ganzen Wohnblock auf das Grundstück zu setzen - nach der Devise: Ich gebe mein Grundstück her, bekomme dafür aber ein paar Wohnungen.

Tauschgeschäft

"Keine leichte Entscheidung," gibt der Bauherr zu, schließlich sei von Anfang an klar gewesen, dass die Finanzierung des Projekts nur über den Verkauf der Wohnungen nach dem Bauträgervertragsgesetz funktionieren würde. Die Zwischenfinanzierung stellte Kothgasser über seinen Freundes- und Bekanntenkreis sicher. Nun ging es darum, mit dem Wohnblock größtmögliche Qualität zum leistbaren Preis zu schaffen und dabei in Hinblick auf die noch unbekannten Nutzerinteressen möglichst flexibel zu bleiben.

08/15-Architektur bzw. ein "Block mit Hut" kam für Kothgasser dabei nie infrage. Er wollte "etwas anderes", die Kosten sollten allerdings "im Rahmen" bleiben.

Kadletz' Lösung: Er zeichnete einen zur Straße hin geschlossenen, dreigeschoßigen Baukörper mit Flachdach, der sich südseitig mit großzügigen Balkonen in den (lärm-)geschützten Innenhofbereich öffnet. Mit seinem Mix aus Sichtbeton- und Putzfassade, Holz und Trapezblech, Violett-, Gelb- und Grautönen, hebt sich das Haus deutlich ab vom architektonischen Einheitsbrei.

Nach Beratungen mit einem Makler über die gefragtesten Wohnungsgrößen wurden in einem flexiblen Raster Wohneinheiten mit 50, 75 und 100 Quadratmetern geplant. Die kleinsten Einheiten erwiesen sich schnell als die begehrtesten. Zwei Bautafeln und Mundpropaganda waren genug, um nach halber Bauzeit "ausverkauft" sagen zu können. "Ein Viertel der Käufer sind Eigennutzer, der Rest vermietet", sagt der Bauherr.

Preis und Leistung

Für Kothgasser hat der Erfolg seines Projekts einerseits mit den moderaten Baukosten zu tun. "Heute wären schon um 20 Prozent mehr dafür zu bezahlen", sagt er. Andererseits sind da die kleinen und größeren gestalterischen Extravaganzen wie die trapezförmigen Fenster, Großzügigkeiten wie ein Lift (bei nur zwei Obergeschoßen), 15 Quadratmeter große, überdachte Balkone, insgesamt 250 Quadratmeter Dachterrasse, Raumhöhen von 2,70 Meter und Eichenholzböden bzw. Feinsteinzeug-Belag als Grundausstattung; jede Wohnung ist rollstuhltauglich.

Die Basis für das Unternehmen hat gepasst: "Für Bauträgerprojekte sollte eine Bebauungsdichte von mindestens 0,6 gegeben sein, das war hier der Fall", sagt Kadletz, sonst sei in Relation gesehen der Grundstückspreis in den meisten Fällen zu hoch.

Fazit

Kothgasser hat von seinen 16 Wohneinheiten vier im Eigentum behalten. Damit gelang ihm, "Substanz" für seine Kinder zu erhalten und sich selbst eine Möglichkeit fürs Alter offenzuhalten: nämlich barrierefreies Wohnen in der Stadt statt wie bisher auf dem Land. Und das in guter Lage mit perfekter Infrastruktur, im Grünen und doch nicht weit von der Autobahn entfernt - auf einem Grundstück, das er schon vor 25 Jahren ins Herz geschlossen hat.

Das nennt sich dann wohl nachhaltige Kapitalanlage - eine Vorsorge der anderen Art.