Der Winter ist einfach nicht ihre Zeit - und das Meer hat es ihr angetan: "Am Meer erhole ich mich doppelt so schnell", sagt die steirische Bauherrin. In ihrer Pension wollte sie mindestens sechs Monate pro Jahr im Süden verbringen - in einer eigenen Wohnung, erste Reihe fußfrei am Meer. Dann kam die Finanzkrise und mit ihr die konkrete Überlegung: Wozu Geld sparen, für das es keine Zinsen mehr gibt? Warum nicht gleich alles Ersparte (und einen Kredit) in die Hand nehmen und die Erfüllung des Lebenstraumes vorverlegen?

Das ganz andere Mallorca

Mallorca war dabei keineswegs das erste Ziel. "Das Ballermann-Image hat mich abgeschreckt", erzählt sie. Ihre Freunde schwärmten ihr aber so lange von einem ganz anderen Mallorca vor, bis sie die Insel schließlich selbst in Augenschein nahm.

Das Resultat war Liebe auf den ersten Blick, ein Ankommen, wie man es nur selten im Leben hat. Wo Ballermann ist, muss man nämlich nicht hin. Orte, wo massenweise 08/15-Architektur für Touristen aus dem Boden gestampft wird, lassen sich ganz bequem aus dem persönlichen Koordinatensystem streichen. "Was dann bleibt, ist ein zauberhafter Südwesten, mit original mallorquinischem Flair, abseits der Touristengettos, die im Winter ausgestorben sind - hier sorgen die Einheimischen dafür, dass immer Leben um einen ist", schwärmt die Bauherrin. Nach monatelanger Recherche im Internet - ich kenne mittlerweile jeden Makler auf Mallorca - kamen im Endeffekt zwei Objekte in ihre engere Auswahl. Schon bei der zweiten Besichtigung vor Ort sagte das Bauchgefühl Ja. "Eine Wohnanlage aus den 1970ern, kaskadenförmig in einen Felsen am Meer gebaut, perfekt der Umgebung angepasst", beschreibt die Bauherrin den Entwurf eines spanischen Architekten, der offensichtlich keinen Fremdkörper auf die Insel setzen wollte.

Perspektiven

Das Apartment ist nur 55 m2 groß, hat aber eine großzügige Terrasse mit Blick aufs Meer - von den Nachbarn uneinsehbar. Ein Lift führt zum privaten Badestrand am Wasser. Raumaufteilung und Einrichtung? "Auf den ersten Blick ganz nett", sagt die Bauherrin. Nach dem zweiten Blick rief sie dann allerdings ihre Architektin Johanna Digruber in Wien an. "Nach den Handskizzen und Fotos, die ich von der Wohnung bekam, war schnell klar: Da kann man etwas daraus machen", erzählt diese. Die Defizite des Bestands: "Man betrat die Wohnung und war, obwohl das Apartment nicht groß ist, sofort in einer Verteilersituation: rechts ein winziges Gästezimmer, links ein Gang zum Bad und in ein fensterloses Schlafzimmer - und geradeaus der Wohnraum mit Küche und Terrasse. Meerblick hatte man nur vom Wohnzimmer und vom Gästezimmer aus", schildert Digruber die Ausgangssituation.

Ihr Ansatz: "Verlegen wir das Bad ins sogenannte Gästezimmer, spiegeln wir das WC und machen wir die Schwäche der Wohnung (den fensterlosen Schlafraum) zur Stärke. Konkret wurde das Schlafzimmer ganz bewusst als Höhle ausformuliert - mit einer Glastür zum neu entstandenen Gang direkt zum Wohnzimmer und dadurch mit Blick aufs Meer. Voilà: Plötzlich ist von überall aus das Meer zu sehen. Das Farbkonzept? Alles orientiert sich am Schlammton der Bodenfliesen, für die der Felsen Pate stand. Ganz klar: Diese Wohnung ist eine Erweiterung der Terrasse, nicht umgekehrt.