Mit den kurzen Tagen und langen Nächten bei Temperaturen, die ohne Wollmütze und Fäustlinge nur bedingt Wohlgefühl aufkommen lassen, schlägt auch für besessene Gartenfreundinnen und Gartenfreunde die Zeit des Rückzugs in die wärmenden vier Wände.
Möchte man meinen. Es ist ja nicht gesagt, dass es da fad wäre. In den Stuben geht es im wahrsten Sinne kunterbunt zu. Da türmen sich inmitten der weihnachtlichen Dekorationen schon Gartenkataloge und Bildbände, Fachbücher und jede Menge Gartenmagazine zu einem Gesamtkunstwerk auf, und die Samensäckchen geben den farbenfrohen Rahmen ab.

Aber eigentlich sollte man dabei sein, wenn draußen die vierte Jahreszeit des Gartens anbricht. Ohne viel Trara hat sich Geruhsamkeit ausgebreitet, legt das Reich vor der Haustüre ganz andere Reize an den kurzen Tag. Einmal gibt es sich im Nebel schemenhaft und geheimnisvoll, ein andermal zeigt es sich im Sonnenlicht in all seiner glitzernden Frostigkeit.
„Mit brennenden Lippen, unter eisblauem Himmel, durch den glitzernden Morgen hin, in meinem Garten, hauch ich, kalte Sonne, dir ein Lied“, brachte der deutsche Dichter Richard Fedor Leopold Dehmel so einen magischen Augenblick zu Papier.

Ein Moment der Wahrheit

Der Winter, so sagen die Fachleute, sei für jeden Garten der Moment der Wahrheit. Wenn Bäume und Sträucher ihre kahlen Äste in den Himmel strecken und die Beete verwaist daliegen, dann offenbart sich – zuweilen gnadenlos –, ob Gärtnerin und Gärtner ein formgebendes und gestalterisches Händchen besitzen. Doch solche Überlegungen können warten. Die stille Schönheit rundherum macht andächtig, lässt zur Ruhe kommen. Vorbei der Farbenrausch des Sommers, der uns hektisch mit Blütenpracht überschüttet hat. Die Fülle an mächtigem Grün ist einer zarten Mischung aus Grau- und Silbertönen gewichen.

Dieses Winterkleid schärft den Blick für Details: Auf dem Kiesweg duckt sich ein gelb-weiß-blau geschecktes Hornveilchen, dessen Samen sich hierher verirrt haben muss. Nun blüht es wie zum Trotz gegen Wind und Wetter an – in unmittelbarer Konkurrenz zu den Gänseblümchen, die, jahreszeitenlos wie sie in ihrer Wachstumsfreude nun einmal sind, jetzt eben dem Advent die Aufwartung machen.
Gleich um die Ecke haben sich Gräserhorste und abgetrocknete Stauden zu glitzernden Eisskulpturen geformt. Vorausgesetzt, dass wir im Herbst nicht zu voreilig mit dem Rückschnitt waren und der Gartenschere Einhalt geboten haben. Versprengte Laubblätter entfalten jetzt als Solitäre ihre absterbende Schönheit. Jedes Exemplar ein von Raureif gekröntes Kunstwerk, was für eine Wunderwelt!

Betörende Blüten der Zaubernuss

Bäume mit prächtiger Rinde kommen gerade im Nebelgrau richtig gut zur Geltung. Wahre Meister dieser Disziplin sind die Ahorne. Und dazwischen leuchten die Immergrünen und die verbliebenen Hetschepetsch, die nicht im Schnabel der gefiederten Freunde gelandet sind. Mit ein bisserl Gartenglück führt die besinnliche Entdeckungsreise rund ums Haus zu einer besonders frostigen Pracht: Wenn die Natur ruht, öffnen Winterblüher wie Duftschneeball oder Zaubernuss ihre betörenden Blüten. Sie sind der Schlüssel für einen Garten, in dem zwölf Monate etwas blüht, wissen Gartengestalter.

Zugegeben, die lange milde Saison hat den außergewöhnlichen Blütensträuchern diesmal den Start leicht gemacht. Dennoch ist es Jahr für Jahr ein kleines Wunder der Natur, wenn in Eis und Schnee und Sturm und Frost sich zarte Blüten auftun und mit ihrem Duft besondere Aufmerksamkeit erregen.