Können Blumen, Büsche und Bäume riechen, sehen oder hören? Biologen kamen zu faszinierenden Erkenntnissen. Was macht der Weihnachtsstern, wenn es ihm auf der Fensterbank zu kalt ist? Wie reagieren Apfelbäume auf starken Frost? Und haben die Christbäume geschrien, als sie abgeschnitten wurden? Fragen, die wir so nicht beantworten können. Allerdings, eines wird für die Experten immer klarer: Pflanzen kommunizieren viel mehr, als wir denken.

Florianne Koechlin, Biologin und Chemikerin aus der Schweiz, beschäftigt sich seit Jahren mit dem "Internet der Pflanzen". Jüngst berichtete sie bei einer Öko-Tagung in Österreich über eine ganze Reihe von wissenschaftlich fundierten Experimenten, wie sich die Pflanzen unterhalten. Ein paar Beispiele: Wird eine Tomate von Raupen befallen, warnt sie die anderen durch Duftstoffe. Sie geht aber noch einen Schritt weiter und stellt Stoffe her, die Nützlinge anlocken. Kommen Spinnmilben, produziert sie Gerüche, die ihrerseits Raubmilben anlocken.

Gemurmel aus Duftstoffen

Einen Apfelbaum, der vom Frostspanner angegriffen wird, haben bald die Meisen im Visier. Warum? Weil er Düfte zu produzieren vermag, die die gefiederten Helfer anlocken. "Es ist ein Gemurmel aus Duftstoffen, das wir noch nicht durchschauen", ist sich die engagierte Pflanzenversteherin Koechlin sicher: "Sehen, schmecken, riechen, spüren, hören, das alles können die Pflanzen und noch viel mehr."

Beweise gebe es zur Genüge: Da wurden etwa Geräusche von kauenden Raupen aufgenommen und anderen Pflanzen vorgespielt. Diese Gewächse begannen sich zu wehren, weil die Vibrationen der Raupen wahrgenommen wurden. Im Gegenzug blieben Wind oder andere Geräusche ohne Reaktion.Besonders intensiv ist das "Internet der Pflanzen" unter der Erde. Stichwort Mykorrhiza, eine Symbiose von Pilzen und Pflanzen, bei der ein Pilz mit dem Feinwurzelsystem einer Pflanze in Kontakt ist.

Pflanzen lernen

Was Biogärtner schon seit ewigen Zeiten machen, nämlich Pflanzen in Mischkultur zu setzen, damit sie sich gegenseitig unterstützen, hat nun auch seine wissenschaftliche Bestätigung durch einen Basler Experten. Er setzte Hirse und Flachs in einen Topf - einmal mit Mykorrhiza und einmal ohne. Das überraschende Ergebnis: Mit dem Pilz war der Flachs fast doppelt so groß. "Die Hirse hat den Flachs gefüttert. Dagegen haben sich Salat und Tagetes überhaupt nicht vertragen", berichtete die Schweizer Biologin. Sie zieht aus all diesen bisherigen Erkenntnissen einen klaren Schluss: "Pflanzen sind keine Objekte, sondern Subjekte. Sie spulen nicht immer das Gleiche ab, sondern lernen."

Werden Pflanzen hingegen immer und immer wieder in Monokultur angebaut, dann werden sie dumm, verlernen, sich zu wehren. Daher tritt sie strikt gegen Patente für Pflanzen auf, sieht es als unsere Pflicht an: "Die Würde der Kreatur ist zu schützen." In der Schweiz gibt es diese Bestimmungen bereits. Koechlin ist überzeugt: "Pflanzen kommunizieren mit Duftstoffen, lernen aus Erfahrungen und können sich erinnern. Vielleicht sind sie sogar empfindungsfähig."

Gerade deshalb ist es für sie so wichtig, alte, lokale und somit "erfahrene" Sorten zu bewahren und sich gegen genmanipuliertes Saatgut zu wehren. Nur so bleibe die Vielfalt erhalten.