Wenn Kinder ein Haus zeichnen, dann hat es ein Steildach, Mauern, Fenster und einen Kamin. Diesen Archetyp hat Architektin Judith Benzer bei ihrem Sommerhaus im Südburgenland weiter reduziert: Scheinbar tür- und fensterlos und ohne Dachüberstand steht es wie eine Skulptur in der Landschaft. Die Hülle aus perfekt ausgeführtem Lärchenrost lässt sich in der unbewohnten Zeit komplett verschließen. Um dies zu erreichen, wurden Klapp- und Faltläden entwickelt, die in geschlossenem Zustand bündig mit der Fassade und ebenfalls mit Rhombenschalung belegt, mit der Hülle verschmelzen. Im Sommer wirken die Läden sowohl in offener Stellung als Vordächer, als auch in geschlossener Position der Überhitzung entgegen.

Das Kellerstöckel stand Pate

Das Projekt Sommerhaus orientiert sich in seiner Formgebung an dem für das Südburgenland typischen Kellerstöckel. Die Tradition der Winzerhäuser wird auch im Grundriss und der Raumabfolge weitergeführt. "Besteht ein Kellerstöckl aus dem Weinkeller und nur dem Notwendigsten darüber, ist dieses Sommerhaus etwas größer und kann auch als Ferienhaus auf zwei Etagen genutzt werden", so Benzer. Der Keller ist in Stahlbeton-Massivbauweise ausgeführt. Das Erd- und Obergeschoß wurde als reiner Holzbau errichtet. Dabei dienen die unverkleideten Kreuzlagenholzelemente neben ihrer statischen Funktion auch als gestaltende Elemente im Innenraum. Als Gegengewicht stehen dem großflächig eingesetzten Werkstoff Holz Sichtbeton und Stahl als Materialien gegenüber. "Da das Ferienhaus einmal als Weinhaus und somit als Wirtschaftsgebäude genutzt werden soll, habe ich die Materialien bewusst unbehandelt und unverkleidet eingesetzt", erklärt die Architektin. Mit Holz ist es auch gut möglich, einen angenehmen Innenraum zu schaffen. Im Zusammenwirken mit Stahl und Beton ergibt es ein spannendes Wechselspiel. Durch eine sorgfältige Anordnung der Wandöffnungen werden interessante Sichtbeziehungen mit der Landschaft hergestellt.

© MARTIN WEISS

Die Ausführung der Außenhülle hat Benzer gemeinsam mit einer im Holzhausbau sehr erfahrenen Zimmerei entwickelt: "Ich habe gewusst, wie ich es will: keinen Dachüberstand, die Entwässerung in der Dämmebene, die Fassade über das Dach gezogen. Beim Know-how brachte der Zimmereibetrieb die Erfahrung." Diese Symbiose brachte dem Sommerhaus den Sieg beim Holzbaupreis Burgenland 2012 in der Kategorie Ein- und Mehrfamilienhäuser ein. Mit der Begründung: Konstruktive Detaillösungen sind augenfällig, die handwerkliche Ausführung vorbildlich.