Es gilt absolute Geheimhaltung. Nur eine Person kennt die genaue Zusammensetzung des Rezepts. Immerhin geht es um eines der bekanntesten Markenprodukte Österreichs – ein Salzstangerl. Besser bekannt unter seinem „Familiennamen“: Soletti.

Zwar werden am Firmenstandort in Feldbach unter dem gleichen Label auch Cracker, Brezel und Salzgebäck-Mischungen produziert, im Bewusstsein der Öffentlichkeit festgefressen hat sich der Firmenname allerdings als Synonym für stricknadeldicke Laugenteig-Stangerl mit Salzkristall-Bestreuung.

6000 Tonnen des in knapp 50 Länder exportierten Knabbergebäcks werden pro Jahr im Dreischichtbetrieb in Feldbach produziert. Dazu kommt noch einmal die gleiche Menge an anderer Fertigware. „Und wir wachsen weiter“, sagt Elisabeth Janzer. Sie führt den seit 2007 zur Kelly-Gruppe gehörenden oststeirischen Traditionsbetrieb seit fünfzehn Jahren als Prokuristin. „Das hat sich so ergeben“, sagt Janzer, die 1974 als Bürokauffrau im Betrieb begann und die Karriereleiter stetig hinaufkletterte: „Ich habe die Chancen, die sich ergeben haben, genutzt.“ Nach einem Streifzug durch sämtliche Abteilungen des Betriebs sei sie schließlich in der Technik gelandet. Einer Männerwelt. „Anfangs ist es als Frau schon schwieriger, man muss mehr arbeiten, um akzeptiert zu werden“, sagt Janzer.

„Brennen für den Job“

In der Werksleiter-Riege des Kelly-Konzerns ist sie bislang die einzige Frau geblieben. In ihrem eigenen Umfeld im Feldbacher Werk kann sie allerdings mehrfach auf Frauenpower in Führungsfunktionen zurückgreifen. „Wir sind eine gute Mischung“, sagt sie über ihr 142-köpfiges Mitarbeiterteam. Von allen fordert sie ein hohes Maß an Eigenverantwortung. Das bringe Qualität und setze einen Erfolgskreislauf aus Motivation und Energie frei, ist Janzer überzeugt: „Es bringt das Brennen für den Job, das es für eine gute Arbeit braucht.“

Innerhalb des Konzerns firmiert der Standort als Entwicklungszentrum. Neue Produktideen für den gesamten europäischen Markt werden hier kreiert, getestet und in Serienreife gebracht. In Höchstgeschwindigkeit. „Wir sind Impulsgeber für die Branche“, ist Janzer auf die Innovationskraft stolz. Schnelles Entscheiden und Umsetzen sei Stärke des Betriebs.

Soletti-Geschäftsführerin Elisabeth Janzer
Soletti-Geschäftsführerin Elisabeth Janzer © Gernot Eder

Dessen Wurzeln reichen bis 1949 zurück. Damals produzierte man in der ortsansässigen Bäckerei Zach unter anderem Brezel, die aus dünnen Teignudeln geformt wurden. Händisch. Um die Produktion zu vereinfachen, verzichtete man versuchsweise auf das Flechten und produzierte gerade Teigstreifen.

Mit der Maschinenfabrik Krobath wurde schließlich ein Rotationsschneider entwickelt, um entsprechende Mengen schnell und effizient produzieren zu können. Diese Maschine konnte genau elf Zentimeter lange Teigstreifen schneiden. Die Länge blieb bis heute das Gardemaß der Salzstangerl. Vor allem rund um Großereignisse wie Fußballweltmeisterschaften gehören sie zum Dauergast auf Wohnzimmersofas. Insgesamt knapp vier Kilo Knabbergebäck essen die Österreicher durchschnittlich pro Kopf und Jahr. Bei einem Marktanteil von 60 Prozent hat Soletti die Krise nicht zu spüren bekommen. Das kann Eva Burtscher von ihrem Betrieb nicht behaupten.

Herzenswunsch

Als das traditionelle Geschäftsmodell von Securo Zahnbau in Pinggau durch die konjunkturelle Flaute ins Wanken geriet, musste Burtscher neue Wege gehen. Das Massenprodukt Zaun alleine war nun zu wenig. Das war der Geschäftsführerin und Powerfrau klar. Die Entscheidung, einen neuen Weg zu gehen, fiel schließlich aus dem Bauch heraus – kombiniert mit dem „Herzenswunsch, dass mein Unternehmen auch nach der Krise noch existiert“.
Innerhalb weniger Jahre etablierte Burtscher so neben dem angestammten Geschäftsfeld, etwa Spezialzäune für Autobahnen, Flughäfen oder Formel-1-Rennstrecken, ein neues Standbein: eine eigene, individuelle Designlinie. Mit Erfolg. Auf der Suche nach einem Partner wurde sie beim niederländischen Designer Joep Verhoeven fündig, der gestrickte Maschendraht-Elemente gestaltet. Nachdem diese sogenannten „Lace Fence“-Elemente mit Know-how von Securo weiterentwickelt wurden, können sie heute in jede gewünschte Rahmenform eingearbeitet werden. Das Ergebnis sind extravagante Zaunsysteme und individuelle Design-Elemente für den In- und Outdoorbereich.

Fingerspitzengefühl

Der Weg dorthin war hart, erinnert sich Burtscher. Auch deshalb, weil man zwar intern von diesem Weg überzeugt war, „draußen wurden wir aber belächelt“. Heute lächelt Burtscher. „Dem Gefühl nach habe ich einfach gewusst, dass jetzt die richtige Zeit gekommen ist, um das zu realisieren, was ich schon seit Langem im Kopf trage.“
Mit dem in der Wirtschaftswelt viel zitierten Credo „Mut zum Risiko“ habe das aber nichts zu tun gehabt. „Als Unternehmer sollte man sich in erster Linie der Verantwortung, die man trägt, bewusst sein. Ich habe als Unternehmerin kein Recht, mit meiner eigenen Risikolust das Leben meiner Kinder und die Familien meiner Mitarbeiter zu gefährden.“

Securo-Geschäftsführerin Eva Burtscher
Securo-Geschäftsführerin Eva Burtscher © Oliver Wolf

Das, was andere „Risikobereitschaft“ nennen würden, „bedeutet im realen Unternehmerleben ein gutes Fingerspitzengefühl zu haben und die Fähigkeit, richtige strategische Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt zu treffen“. Das hat Burtscher mehrmals geschafft. Nicht immer freiwillig.

Die gebürtige Slowakin hat in ihrer Heimat ein Lehramtsstudium für Russisch, Literatur, Bildnerische Erziehung und Kunstgeschichte abgeschlossen, gab auch privat Kunstunterricht und war als Dolmetscherin tätig. 1994 kam sie wegen ihres Mannes nach Österreich, arbeitete in seiner Firma Securo mit. Als ihr Mann 2001 tödlich verunglückte, war ihr Sohn zehn Monate alt, ihre Tochter vier Jahre. Sie übernahm die Firma und setzte sich mit enormem Einsatz und steter Weiterbildung in dieser Männerdomäne durch. Durch die Neuausrichtung auf Design-Zäune kann sie heute auch ihr künstlerisches Know-how voll einbringen. Auf „die ungewöhnliche Verbindung zwischen Kreativität meinerseits und dem technischen Können unserer Schlosser“ ist sie besonders stolz. „Wir machen das, was viele auch machen, aber wir machen es absolut anders.“ Das gilt in gewisser Beziehung auch für die Götzls aus Anger.

Comeback der Greißlerei

Weniger wenn es um das Kerngeschäft der Unternehmerfamilie Götzl-Seidl geht – edle Trachtenmode – als für einen betrieblichen Seitenarm: den Lebensmittelhandel. Die Idee von Katharina und Viktoria Götzl, es „anders als die anderen“ zu machen, war Grundstein der „Dorfgreißlerei“ in Stubenberg. Kein normales Lebensmittelgeschäft mit ausschließlich aus aller Ferne angekarrter Ware wollten die beiden Schwestern gestalten, sondern die tiefe Verbundenheit mit den Produzenten aus der Region wieder beleben, die schon damals funktionierte, als noch die Urgroßeltern das Geschäft führten.

So beliefern heute 60 bis 80 regionale Hersteller die „Dorfgreißlerei“, die von Katharinas und Veronikas Mutter Monika geführt wird. Es ist ein Hybridmodell, bei dem der Kunde im 8000 Produkte umfassenden Sortiment zwischen regionalen Spezialitäten und konventioneller Handelsware wählen kann. Als besonderes Schmankerl wird auch frisch Gekochtes angeboten, jeder Tag ist einer anderen Speise gewidmet.

Katharina Götzl
Katharina Götzl © Sabine Hoffmann

Und Katharina Götzl sieht durchaus Potenzial zur Breitenwirkung des Modells, Gutes aus der unmittelbaren Umgebung auch auf direktem Weg in die nächstgelegenen Regale zu bringen: „Es ist doch irr, dass ein Apfel aus der Oststeiermark erst in ein Logistikzentrum einer Supermarktkette irgendwo in Österreich geführt wird und dann erst wieder bei uns im Regal landet.“ Ihr Gegenmodell: Geschäfte wie die „Dorfgreißlerei“ in möglichst vielen Regionen, vielleicht von einem Konzern wie Spar geführt. Mit der Lebensmittelkette ist man familiär verbunden: Katharinas Großeltern waren Ende der 1950er-Jahre unter den ersten Spar-Kaufleuten Österreichs. Kundennummer 36.

300 Quadratmeter groß ist das Geschäft der Götzls in Stubenberg. Damit würde es fast acht Mal in jenes Areal passen, das Julia Zotter in Schanghai mit einem Erfolgsprodukt aus der Oststeiermark bespielt: der Schokolade aus der familieneigenen Manufaktur in Bergl bei Riegersburg.

Steirer-Schoko für China

Im Mai vergangenen Jahres eröffnete die Tochter des Firmengründers und Masterminds Josef Zotter das „Chocolate Theatre“ in der chinesischen Millionenmetropole. Bis zu 200 neugierige Besucher kosten sich hier pro Tag durch die exotische Geschmackswelt. Die Waren dafür kommen halb fertig am Seeweg aus Europa und werden in China weiterverarbeitet, nur die Bio-Schokolade muss wegen der begrenzten Haltbarkeit eingeflogen werden.
Zotter kann ihre Gäste in deren Muttersprache informieren: Als 16-Jährige hat sie ein Jahr bei einer chinesischen Familie gelebt. Zehn Jahre später bringt sie ihnen ein Produkt nahe, das sie so nicht kennen. Schokolade hatte bislang zwischen Reis und Pekingente keinen Fixplatz im Speiseportefeuille Chinas.

Julia Zotter
Julia Zotter © Gery Wolf

In einem anderen Bereich Stammgast-Status erreicht hat dagegen das Seminarhotel Retter in Pöllau. Bereits zum zwölften Mal wurde der 200-Betten-Betrieb als „Bestes Seminarhotel Österreichs“ ausgezeichnet. Auch hinter dieser Erfolgsgeschichte steht eine Frau: Ulrike Retter. Sie hat intensive Zeiten hinter sich. Binnen sechs Jahren wurden zuletzt 17 Millionen in die völlige Neugestaltung der Hotelanlage investiert. „Stillstand ist das Schlimmste, ich habe ein permanentes Optimierungsdenken“, beschreibt Retter ihre innere Antriebsquelle. Knapp 80 Mitarbeiter sind direkt im Hotel beschäftigt, noch einmal 120 in den anderen Betrieben des oststeirischen Familienimperiums (Reisebüro, Busunternehmen). „Wir sind wie eine große Familie“, sagt Retter. Ein Satz, der auch von Anita Lafer kommen könnte.

Haariges Geschäftsmodell

Seit über zwanzig Jahren arbeitet sie für „Great Lengths“, ein 1993 in Rom gegründetes Unternehmen, das Haarverlängerungen und -verdichtungen anbietet. Lafer ist Geschäftsführerin der österreichischen Zweigniederlassung des Weltmarktführers in St. Stefan im Rosental und Miteigentümerin der Geschäfte in den deutschsprachigen Ländern und den Niederlanden. Von der Zentrale in der Oststeiermark werden über 5000 Great-Lengths-Partner betreut. Den 60 Mitarbeitern werden familienfreundliche Beschäftigungsmodelle geboten, die dem Unternehmen vor vier Jahren den „Primus“-Wirtschaftspreis für Unternehmenskultur eingebracht haben.

Belohnt wird das Engagement aber auch mit großer Mitarbeitertreue. Flexible Arbeitszeiten und zusätzliche Services wie kostenlose Verpflegung am Dienstort und Möglichkeiten zur Weiterbildung, dafür fixe Mitarbeiter – diese Kombination leistet man sich auch bei der Mare-Gruppe mit Hauptsitz in Bad Radkersburg.

Auch hier sitzt eine Frau an den Schalthebeln der Entscheidungen. Renate Remta-Grieshofer lenkt ein Unternehmen mit sechs Standorten. Eine Erfolgsgeschichte im Eigenverlag, denn gestartet wurde einst bei null.

„Nie stehen bleiben“

Heute gehören zur Mare-Gruppe das Thermalhotel Fontana, das Hotel Triest und das Landhaus Vier Jahreszeiten in Bad Radkersburg, das Rehabilitationszentrum auf der Stolzalpe, die Klinik Wilhering (Oberösterreich) sowie die Rehabilitationsklinik in Judendorf-Straßengel nördlich von Graz. Macht insgesamt 900 Betten, bisher 1,4 Millionen Gästeübernachtungen, aktuell 630 Mitarbeiter und seit 1996 Investitionen von rund 100 Millionen Euro. „Nie stehen bleiben, immer überlegen, wie man sich weiterentwickeln kann“, nennt Remta-Grieshofer als dahinterliegendes Erfolgsrezept.

Renate Remta-Grieshofer
Renate Remta-Grieshofer © Gernot Eder

Mit dieser Rastlosigkeit ist sie auch selbst die Karriereleiter hinaufgeklettert. Mit 23 Jahren wird sie Prokuristin eines Thermalhotels in Gleichenberg. „Bei Sitzungen in der Wirtschaftskammer haben sie immer gefragt, wann der Chef kommt“, erinnert sie sich schmunzelnd zurück. 1996 eröffnet die gelernte Bürokauffrau ihr erstes eigenes Hotel, fünf Jahre später das zweite. 2002 folgen die Kliniken in Judendorf-Straßengel und – als erstes Private-Public-Partnership-Modell in der Steiermark – eine dem LKH Stolzalpe angeschlossene Rehabilitationsstation. Ausbau folgt um Ausbau, dazwischen kommt die Tochter auf die Welt. Pause gönnt sich Remta-Grieshofer keine.
„Um als Frau akzeptiert zu werden, musst du doppelt so viel arbeiten“, ist sie überzeugt. Sie selbst hat sich mit Einsatz und Kompetenz Respekt erarbeitet. Auf Basis dieser Lebensgeschichte ist ihr Zugang zur Gleichberechtigung hemdsärmelig bis radikal: „Frauen, die sich immer nur beschweren, sollen mehr arbeiten – dann haben sie weniger Zeit, sich zu beschweren.“ „Ich war nie Feministin“, gibt Remta-Grieshofer zu. „Mit einem Mann, der daheim Fenster putzt und kocht, habe ich ein Problem.“

Polizeimuseum in der Zelle

Kein Problem hat sie mit Erfolgen anderer: „Man darf nicht futterneidig sein und soll sich nicht mit den anderen beschäftigen, sondern schauen, wie man selbst besser werden kann.“ 2011 folgt die Inbetriebnahme einer neuen Verwaltungszentrale im ehemaligen Polizei- und Zollamtsgebäude in Bad Radkersburg. 2013 kommt auch noch das „Altstadthaus“ im Stadtzentrum dazu. „Ich wollte immer ein italienisches Restaurant haben“, gesteht die Grado-Liebhaberin. Jetzt hat sie es – und ließ die Mitarbeiter dafür extra in Italien ausbilden, um die entsprechende Qualität bieten zu können. „Man muss das Rad nicht um jeden Preis neu erfinden“, schätzt sie eine gewisse Offenheit im Zugang zu geschäftlichen Herausforderungen.
„Heute haben wir unsere Expansion abgeschlossen“, zieht Remta-Grieshofer einen Schlussstrich. Um ihn gleich wieder auszuradieren. Denn ein Projekt steht noch auf ihrer privaten To-do-Liste: In den Zellen der zum Bürogebäude umgebauten Polizeiwache will sie ein kleines Museum einrichten. Diverse ausrangierte Uniformen und Utensilien der Exekutive liegen schon bereit.