Als der Investor Tilo Berlin im Jahr 2007 seine soeben erworbenen Bankanteile an der Kärntner Hypo Group eher überraschend an die Bayerische Landesbank (BLB) weiterverkaufte, lief dieser Deal auf Kosten eines Dritten: nämlich zulasten der Grazer Wechselseitigen Versicherung (Grawe). Diese hatte kurz davor 15 Prozent Hypo-Aktien an Berlin veräußert – aber deutlich billiger, als Berlin sie nun nach München weiterreichte.

Zwar hätte die Grawe laut Vertrag noch Anspruch auf einen Nachschlag gehabt: Über einen „Besserungsschein“ sollte es zusätzliches Geld geben, falls das Jahresergebnis 2007 planmäßig einen Gewinn von 190 Millionen Euro ausweisen werde. Doch davon konnte nun plötzlich keine Rede mehr sein. Weder Berlin noch die BLB hatten Interesse, der Grawe die Nachzahlung zu gewähren. Prompt wurden in der Bilanz 2007 so hohe Wertberichtigungen vorgesehen, dass der Nachschlag nicht fällig wurde.

Der letzte Trumpf

Die Grawe war, auf gut steirisch gesagt, über den Tisch gezogen worden – so sah es zumindest aus Grazer Sicht aus. In der Grawe-Zentrale herrschte Alarmstimmung. Doch man hatte noch einen letzten Trumpf in Händen: Der Deal zwischen Berlin und der BLB war nur gültig, wenn die Grawe zustimmte.

Deshalb entschied sich Grawe-Chef Othmar Ederer für eine gewagte Art der Schadensbegrenzung. Die Grawe werde dem Deal nur zustimmen, wenn sie für den Verkauf der Tochterfirma Hypo-Consultants zusätzlich 20 Millionen Euro, zahlbar innerhalb von zwei Jahren, erhalte, ließ Ederer Berlin wissen. Das Mascherl für dieses Geld war nicht einmal schlecht gewählt. Denn die Veräußerung der Consultants-Tochter war zu einer Zeit erfolgt, als parallel gerade der Wert der gesamten Hypo Group (in einem „due diligence“-Verfahren) ermittelt wurde.

Man konnte also durchaus argumentieren, der Consultants-Erlös (der in der Bankbilanz einen Sonder-Buchgewinn von 50 Millionen hinterließ) müsse quasi noch extra abgegolten werden.
Tatsächlich flossen später (2008) exakt diese 50 Millionen an die Altaktionäre der Hypo. Allerdings mit einem anderen Mascherl: nämlich in Form der berühmten „Sonderdividende“, die seither die Zivil- und Strafjuristen beschäftigt.

Vorwurf der Bilanzfälschung

Seit vergangenem Herbst ist speziell Ederer im Visier von Staatsanwalt Robert Riffel. Dieser wirft dem Grawe-Chef Bilanzfälschung und Untreue vor (wobei selbstverständlich die Unschuldsvermutung gilt). Der Verdacht: Man habe die Hypo-Bilanz widerrechtlich aufgebessert, um diese Sonderdividende bilanztechnisch möglich zu machen. Ederer selbst schwört freilich Stein und Bein, dass es für ihn „überhaupt keine Anhaltspunkte und Wahrnehmungen“ gegeben habe, die auf eine unsaubere Bilanz hingedeutet hätten. Dass er Dividenden-Interessent und Aufsichtsrat in Personalunion war, ist eine problematische, aber im Wirtschaftsleben übliche Verquickung.
Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Sitzung des Prüfungsausschusses des Hypo-Aufsichtsrats am 28. Februar 2008. Dort wurde über die Bilanz 2007 beraten.

Das Protokoll

Laut Sitzungsprotokoll – es ist der Kleinen Zeitung bekannt – wurde zunächst lange über die auffällig hohen Einzelwertberichtigungen gesprochen. Der damalige Finanzvorstand der Bank, Wolfgang Peter, schlug vor, keine Dividende auszuschütten, jedoch (nur den Altaktionären) die Sonderdividende zu gewähren. Dies wurde vom Ausschuss „einstimmig angenommen“. Ederer kann sich zumindest darauf berufen, dass auch der Wirtschaftsprüfer das gebilligt hat.

Warum aber hat man überhaupt den Weg der Sonderdividende gewählt? Das bleibt eine brisante Frage. Laut Ederer wurde dies am 21. Mai 2007 in München beschlossen: Dort verhandelten die Vertreter der Kärntner Landesholding (Josef Martinz und Hans-Jörg Megymorez) mit Berlin bzw. der BLB über den Aktiendeal. „Wir waren nicht dabei, sondern sind nur Nutznießer gewesen“, sagt Ederer.

Und wenn die Bilanz 2007 zu mager für so eine Zahlung gewesen wäre? Dann hätte die Hypo auch ein Jahr später noch zahlen können – immerhin hatte die Grawe – womöglich in weiser Voraussicht – eine „Zahlung innerhalb von zwei Jahren“ gefordert.