Der Fall des früheren kroatischen Premiers Ivo Sanader droht sich zu einem Tauziehen zwischen Wien und Zagreb zu entwickeln. Heute entscheidet zunächst die Haftrichterin in Salzburg über die Verlängerung der Auslieferungshaft um einen Monat. Der Ex-Regierungs- und Parteichef war am 10. Dezember, als im Parlament seine Immunität aufgehoben werden sollte, über Slowenien nach Österreich gereist, offenbar mit dem Ziel, sich in die USA abzusetzen. Auf der Basis eines rasch erlassenen internationalen Haftbefehls war er noch am selben Tag auf der Tauernautobahn bei St. Michael in Lungau verhaftet worden.

Am Tag vor Heiligabend wurde zum zweiten Mal die Zagreber Wohnung der Eheleute Sanader durchsucht. Ob Belastendes gefunden wurde, gab die Polizei nicht bekannt. Die kroatische Anklagebehörde ist in Beweisnot: Eben um gegen den Parlamentarier überhaupt ermitteln zu können, musste Generalstaatsanwalt Mladen Bajic zunächst die Aufhebung der Immunität beantragen. Der Haftbefehl wurde dann nicht aufgrund von Ermittlungsergebnissen erlassen, sondern weil Sanader im Verdacht stand, sich dem Verfahren entziehen zu wollen. Jetzt, da er in Österreich sitzt, kann Zagreb außer einem Anfangsverdacht naturgemäß wenig vorweisen, das seine Auslieferung rechtfertigen würde.

Verzögernd kann sich auch auswirken, dass gegen Sanader, ein Familienmitglied und eine ungenannte dritte Person nun auch in Österreich eine Anzeige wegen Geldwäsche vorliegt. Eine Tiroler Bank hatte angezeigt, dass auf Konten Sanaders und seines verstorbenen Vaters mehr als eine Million Euro deponiert seien. In der öffentlich zugänglichen Vermögenserklärung des Abgeordneten taucht das Konto nicht auf.

Verzögerung durch Anzeige

Diese Anzeige hat Priorität; erst wenn über sie entschieden ist, kann Sanader ausgeliefert werden. Dauert das Verfahren länger, könnte die Justiz auch weitere Ermittlungen gegen den Kroaten aufnehmen. Vorige Woche hatte der Politiker schon zweimal vor dem Untersuchungsausschuss im Kärntner Landtag ausgesagt, der sich mit der Hypo Alpe-Adria befasst. Noch der konkreteste Vorwurf aus Zagreb ist, Sanader habe für die Vermittlung eines Hypo-Kredits 1995 eine Provision von 800.000 Mark kassiert.

Sanader bestreitet das, und obendrein ist die Tat verjährt. Bisher hatten die österreichischen Behörden an den Geschäften der Bank in Kroatien allerdings kein Interesse gezeigt. Sanader ist mit mehreren Politikern der ÖVP persönlich befreundet. Als seine Vertreterin in Österreich, wo er studiert hat und eine Firma unterhält, agiert die frühere Sprecherin von Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel.

Schon am Donnerstag wurde außerdem die Familie Sanaders unter Polizeiaufsicht gestellt. Ehefrau und Tochter mussten ihre Reisepässe abgeben. Grund der Maßnahmen sei die Furcht, dass die wertvollen Kunstgegenstände außer Haus geschafft werden könnten, sagte ein Polizeisprecher.

In Kroatien wird gegen Sanader unter anderem wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt. Der Verdacht zielt auf eine Firma Fimi-Media, die Gelder aus Staatsfirmen in die Kassen von Sanaders Partei gelenkt haben soll.