In Diskussionen unter Juristen gibt es einen Running Gag: "Ich hätte da ein Privatgutachten, das meine Meinung bestätigt." Allgemeines Lachen. In der Regel wird dann noch der Name eines Professors oder Doppeldoktors angehängt - und der Brüller ist perfekt. Was diese Episode - abgesehen von einem verschrobenen Humor - zeigt: Man kann sich für so gut wie jede Meinung einen Fürsprecher kaufen. "Bei Privatgutachten ist es vielfach so, dass der Auftraggeber sagt, was herauskommen soll", sagt ein Klagenfurter Anwalt. Wobei die Gutachter dafür sich oder die Rechtslage nicht sonderlich verbiegen müssen. "Es reicht, der Fragestellung den entsprechenden Drall zu geben." Oder Variante zwei: "Man erzählt dem Gutachter nur den halben Sachverhalt." Denn was man nicht weiß - eh schon wissen.

Fleiß und Kenntnisse

Die Job-Beschreibung für Privatgutachter ist ohnehin mehr als schwammig. Wenn überhaupt, kann man sie an der Sachverständigenhaftung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches festmachen: "Wer sich zu einem Amte bekennt (. . .) gibt dadurch zu erkennen, dass er sich den notwendigen Fleiß und die erforderlichen, nicht gewöhnlichen Kenntnisse zutraue . . ." Nur: Der Standpunkt verändert auch die Perspektive. Juristen und Wirtschaftsexperten, die sonst der Justiz als Sachverständige präzise zuarbeiten, lassen sich für Geld gerne zu fragwürdigen Expertisen hinreißen. "Es gibt ein paar emeritierte Professoren, die für Geld alles schreiben", erzählt ein Justizmitarbeiter von seinen Beobachtungen - die sich punktgenau mit den Tatsachen decken.

Die glorreichen sieben

Auch im aktuellen Aufreger-Fall Birnbacher gaben nicht weniger als sieben Gutachter ihren angesehenen Namen her, um damit ein Honorar von ursprünglich zwölf und später sechs Millionen Euro für den Villacher Steuerberater Dietrich Birnbacher zu rechtfertigen. Das Kalkül dahinter: Man muss die Staatsanwaltschaft nur so lange mit Expertisen zuschütten, bis erst das Nachdenken und dann das Ermitteln eingestellt wird. Plötzlich erscheinen sechs Millionen Euro für sechs Schmierzettel des Beraters "plausibilisierbar", wie es in einer Expertise heißt.

Beinahe hätte der Plan auch geklappt. Erst ein von der Staatsanwaltschaft bestellter deutscher Gutachter stellte fest, was einem der Hausverstand sagt: Sechs Millionen Euro stehen in keinem Verhältnis zur Leistung. Eine Klarstellung, die mehr als ein Schlag ins Gesicht der Herren Gutachter ist. Sie sehen sich nun selbst dem Vorwurf der Beihilfe zur Untreue ausgesetzt.

Dabei wollten die Gutachter doch nur "einen Gefallen machen" - und ein paar Euro nebenher verdienen. Denn auch wenn zwischen Auftragseingang und der Ablieferung des Gutachtens nur zwei Kalendertage vergehen, kann man gut und gerne 15.000 Euro in Rechnung stellen. Über 100.000 Euro - großteils aus Steuergeldern - flossen, um das Birnbacher-Honorar zu verteidigen.

Aufwand plus Risiko

War hier die Leistung gegeben? Man kann es schwer abschätzen, denn Honorargrundsätze wie bei anderen Freiberuflern gibt es mangels eines klaren Berufsbildes nicht. "Man schätzt den Aufwand, lässt Komplexität und Risiko einfließen und nennt dann dem Auftraggeber einen Preis", erklärt Fritz Kleiner sein Kalkulationsprinzip. Der Grazer Wirtschaftsprüfer und Steuerberater gehört zu den renommiertesten Gutachtern Österreichs. Er sagt aber auch ganz klar, dass es aus seiner Feder keine Gefälligkeitsgutachten gibt. "Wenn ich eines erstelle, dann für Geld, aber nicht wegen des Geldes."

Nicht alle Branchenkollegen sehen die Sache so heikel. Warum auch? Schließlich kann man sich für den Schaden, der aus einem Gutachten entstehen würde, bis zur Schadenssumme von fünf Millionen Euro versichern - selbst gegen Fahrlässigkeit. Darüber spielen die Versicherungen nicht mehr mit.

Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft forderte diese Woche als Konsequenz aus dem Birnbacher-Desaster sogar, dass man künftig Privatgutachten vor Gericht gar nicht mehr zulässt. Eine Aussage, die naturgemäß Anwälte auf die Barrikaden brachte.

Denn seit Jahren wird beklagt, dass die Richter in Strafprozessen jene Sachverständigen übernehmen, die zuvor dem Staatsanwalt bei den Ermittlungen assistieren. "Die geben dann das Verfahren faktisch bindend vor", kritisierte Alexander Todor-Kostic im Österreichischen Anwaltsblatt die Praxis. Der Veldener Anwalt wird nun Ex-ÖVP-Chef Josef Martinz im Birnbacher-Prozess vertreten, nachdem seiner ursprünglichen Anwältin eine Verwicklung in die Affäre nachgesagt wurde.

Wobei: Das Gutachten der Staatsanwaltschaft ist in dem Fall Martinz' geringstes Problem.