In den USA soll Pokémon Go nach gerade einmal einem Tag auf jedes 20. Android-Handy geladen worden sein, mittlerweile weist das Spiel mehr Downloads als die populäre Dating-App Tinder auf. Auch in Apples App Store steht man an der Spitze der Download-Charts, im Schnitt halten sich die Pokémon-Spieler täglich 43 Minuten in der Welt Pikachus auf. Und damit länger als auf Instagram oder Whatsapp.

Auch an den Finanzmärkten lief es für den japanischen Konzern gut: Der Aktienkurs Nintendos legte am Montag um fast 25 Prozent zu, das Unternehmen war damit an der Börse auf einen Schlag fünf Milliarden Euro mehr wert. An den zurückliegenden vier Handelstagen bis einschließlich Dienstag verbuchte die Nintendo-Aktie an der Börse von Tokio insgesamt gar ein Plus von 59 Prozent. Balsam auf den Seelen der Aktionäre, die in den letzten Jahren wenig zu lachen hatten.

Das Videospielurgestein, Erfinder von Super Mario oder Donkey Kong, schwächelt, das Kerngeschäft kriselt. Die Verkäufe der recht erfolglos gebliebenen Konsole Wii U und der mobilen 3DS sind weiterhin am Sinken, der Abstand zu Sony und Microsoft wird zunehmend größer. Im vergangenen Geschäftsjahr sanken die Verkäufe der verschiedenen Modelle um gut 22 Prozent. Zudem vermeldete der Konzern im letzten Quartal ein Minus von 190 Millionen Euro, seit 2011 schaffte Nintendo überhaupt erst zweimal ein Plus am Ende eines Geschäftsjahres.

Viele Fakten also, die zum Umdenken anregen. Nun will Nintendo die Kehrtwende schaffen. Einerseits wurde für März 2017 eine neue Konsole angekündigt – vermutlich mit dem Namen NX und Android als Betriebssystem. Und andererseits rang man sich mit Pokémon Go durch, erstmals hauseigene Spielhelden auf Smartphones loszulassen. Eine Entscheidung, die stets vertagt wurde, da sie den Druck auf die eigenen Spielkonsolen verschärft.

Leiche, Überfall, Unfall

Nintendos aktuellste Verbindung der Realität mit virtuellen Elementen hat bei Spielern indes nicht nur Begeisterung ausgelöst. Eine 19-Jährige fand im US-Bundesstaat Wyoming auf der Suche nach den digitalen Pokémon eine reale Wasserleiche. In Missouri raubten Kriminelle ein paar Spieler aus. Zur Falle wurde ein Poké-Stop, also eine klar definierte Stelle, die als Nachtankstation für verwendete Spielitems dient. Ein Bericht über einen von Pokémon Go ausgelösten Verkehrsunfall erwies sich hingegen als Falschmeldung.