Der intern unter Beschuss geratene Deutsche-Bank-Aufsichtsrat Georg Thoma tritt zurück. Der Jurist werde sein Amt niederlegen, teilte die Bank am Donnerstagabend mit, ohne Gründe dafür zu nennen. Zudem trete er als Vorsitzender und als Mitglied des Integritätsausschusses mit sofortiger Wirkung zurück.

Das Gremium ist unter anderem für die Aufarbeitung der Skandale in der Bank zuständig. Seine Nachfolgerin als dessen Chefin wird vorübergehend die US-Juristin Louise Parent. Aufsichtsräte hatten dem früheren Partner der Kanzlei Shearman & Sterling öffentlich vorgeworfen, es mit der Aufklärung zu übertreiben. Den Aufsichtsrat wird der angesehene Jurist aber erst in einem Monat verlassen, also nach der Hauptversammlung am 19. Mai.

Aufsichtsratschef Paul Achleitner, der Thoma selbst vor drei Jahren für das Gremium gewonnen hatte, betonte, die Bank werde bei der Aufarbeitung der Altlasten nicht nachlassen. "(Thoma) hat Prozesse aufgesetzt, die für die Bank von großer Bedeutung sind und die ihr weiter nutzen werden. Der Aufsichtsrat ist fest entschlossen, mögliche Verfehlungen auch künftig konsequent aufzuarbeiten und daraus die Lehren für die Zukunft zu ziehen." Aufsichtsratsmitglied Henning Kagermann hatte einen Schlussstrich unter die Vergangenheit gefordert und erklärt, das Gremium sei sich darin mit großer Mehrheit einig.

Offen gegen Thoma gestellt

Der stellvertretende Aufsichtsratschef, Betriebsratschef Alfred Herling, hatte sich offen gegen Thoma gestellt. "Er überzieht, wenn er immer breitere Untersuchungen fordert und immer noch mehr Anwälte aufmarschieren", sagte er jüngst der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Auch er dankte Thoma in der Mitteilung vom Donnerstag und erklärte: "Wir werden auch künftig sämtliche Untersuchungen gründlich und unabhängig von der Position der betroffenen Personen führen." Dem Zeitungsbericht zufolge hatte Thoma auch Untersuchungen gegen Achleitner vorangetrieben. Es gehe um die Verantwortung für die mangelhafte Kooperation mit den Behörden bei der Aufklärung von Skandalen, hieß es dort.

Damit wird sich auch die Hauptversammlung von Deutschlands größtem Geldhaus befassen. Auf Antrag einer Aktionärin wird unter anderem darüber abgestimmt, ob Schadensersatzansprüche gegen Achleitner, andere Aufsichtsräte und Vorstände wegen des Libor-Skandals im Rahmen einer Sonderprüfung untersucht werden.