Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will dem "Spiegel" zufolge beim G-20-Treffen Ende des Monats in Shanghai für eine Kehrtwende in der Geldpolitik werben. Der Minister wolle im Kreise seiner Kollegen aus den 20 führenden Industrie- und Schwellenländern (G-20) und der Notenbankgouverneure seiner Sorge über die weithin ultralockere Geldpolitik Ausdruck verleihen.

Nach Schäubles Auffassung führe dieser expansive Kurs zu immer neue Blasen an den Finanzmärkten. "Das ist eine ungesunde Mischung", zitierte das Magazin am Freitag im Voraus ungenannte Kreise in Schäubles Ministerium.

Schäuble übt immer wieder Kritik

Eine Sprecherin des Finanzministeriums sagte zu dem Bericht: "Das kommentieren wir nicht." Die Geldpolitik in Europa stehe in der Verantwortung der Europäischen Zentralbank (EZB) und deshalb nehme das Ministerium dazu generell auch nicht Stellung.

Allerdings hatte Schäuble in den vergangenen Monaten bei mehreren Gelegenheiten Kritik an der lockeren Geldpolitik der Zentralbanken anklingen lassen. Dabei äußert er immer wieder die Sorge, dass dadurch notwendige Strukturreformen in den einzelnen Ländern unterbleiben und stabilitätsgefährdende Preisblasen ausgelöst werden könnten.

Kein Vergleich mit 2008

Die aktuellen Turbulenzen an den Börsen hält der für die Bankenaufsicht zuständige Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret für beherrschbar. "Mit der Bankenkrise von 2008, als die Investmentbank Lehman Brothers zusammenbrach, ist die Situation heute trotz aller Probleme nicht vergleichbar", sagte Dombret dem Nachrichten-Magazin "Spiegel".

Damals seien die Kurse und Erträge der Banken um bis zu 80 Prozent abgestürzt, heute hätten die Institute etwa doppelt so große Kapitalpuffer, und Liquidität sei üppig verfügbar. Bei den jüngsten Kursstürzen an den Börsen waren vor allem Bank-Aktien massiv unter Druck geraten.

Geringe Ertragskraft der Banken

Sorgen bereitet dem Aufseher jedoch die geringe Ertragskraft der Banken, die auch eine Folge der niedrigen Zinsen sei. "Die Niedrigzinsen sind in einem Bankenmarkt wie dem europäischen, der sehr auf dem Kreditgeschäft basiert, ein gravierendes Problem", warnte Dombret. Aus Sicht des Bankenaufsehers wurden Probleme des Finanzsektors verschleppt.

"Es gab in Europa keine strukturelle Marktbereinigung, viele Banken überleben, weil sie am Tropf der EZB hängen", sagt Dombret. "Diese Zombifizierung muss einmal ein Ende haben."