Der deutsche Autohersteller Volkswagen wird seinen Sparkurs wegen des Abgasskandals verschärfen. Die geschäftlichen und finanziellen Folgen der Krise seien noch nicht absehbar, darauf müsse das Unternehmen schnell reagieren: "Deshalb stellen wir jetzt alle geplanten Investitionen nochmal auf den Prüfstand", kündigte Vorstandschef Matthias Müller am Dienstag vor der Belegschaft in Wolfsburg an.

In seiner ersten Rede nach seiner Wahl auf einer Betriebsversammlung fügte der frühere Porsche-Chef hinzu: "Was nicht zwingend nötig ist, wird gestrichen oder geschoben." Deshalb solle das von seinem Vorgänger Martin Winterkorn eingeleitete Sparprogramm "nachjustiert" werden.

"Das wird nicht ohne Schmerzen gehen", sagte Müller vor mehr als 20.000 Beschäftigten in einer Werkshalle im Wolfsburger Stammwerk. Er betonte aber auch, VW dürfe durch Einsparungen seine führende Position nicht in Gefahr bringen. Betriebsratschef Bernd Osterloh hatte zuvor ebenfalls vor der Belegschaft gefordert, alle Projekte und Investitionen auf den Prüfstand zu stellen.

Technisch sicher und fahrbereit

Konzernchef Müller stellte klar, dass alle von den Manipulationen betroffenen Fahrzeuge - laut VW weltweit rund elf Millionen - technisch sicher und fahrbereit seien: "Zu keinem Zeitpunkt war die Sicherheit unserer Kunden gefährdet." Alle Euro-6-Dieselfahrzeuge würden die gesetzlichen Bestimmungen und Umweltvorgaben erfüllen. "Für Wolfsburg heißt das: Die Produktion kann weiterlaufen."

Volkswagen hatte zugegeben, millionenfach Fahrzeuge in den vergangenen Jahren mit einer Software ausgestattet zu haben, die die Abgaswerte manipulieren kann. Allein in Europa sind acht Millionen Fahrzeuge davon betroffen. Der Skandal war Mitte September durch die US-Umweltbehörde EPA bekannt gemacht worden. VW drohen in den USA milliardenschwere Strafzahlungen und Schadensersatzforderungen von Kunden und Anlegern. Weltweit ermitteln zudem in mehreren Ländern Behörden gegen VW. Auf den Konzern rollt womöglich eine Welle von Prozessen zu.

Software-Update reicht nicht für alle

Wegen des Abgasskandals bei Volkswagen werden Techniker bei einigen Autos auch an den Motoren Hand anlegen müssen. Teilweise werde eine Überarbeitung der Software zwar ausreichen, sagte Müller bei der Betriebsversammlung in Wolfsburg. "Bei einem Teil der Fahrzeuge werden dagegen auch zusätzliche Eingriffe an der Hardware notwendig sein."

Während die technischen Lösungen zur Beseitigung der Abgasmanipulationen jedoch in Sicht seien, könne man die geschäftlichen und finanziellen Folgen noch nicht absehen, betonte Müller. "Sicher ist: Die Belastungen werden groß sein. Möglicherweise sehr groß."

Um die Kosten für Schadenersatz und Strafzahlungen stemmen zu können, würden alle geplanten Investitionen noch einmal auf den Prüfstand gestellt. "Was jetzt nicht zwingend nötig ist, wird gestrichen oder geschoben", erklärte Müller vor den Beschäftigten. Dazu zähle auch, dass das bereits von seinem Vorgänger Martin Winterkorn initiierte "Effizienzprogramm" nachjustiert werde. Volkswagen müsse schnell auf die drohenden Kosten reagieren. "Nicht zuletzt, um unser gutes Rating an den Kapitalmärkten zu sichern. Das hat höchste Priorität."

Der Konzern hatte mit einem Programm Abgaswerte von Diesel-Autos manipuliert. Weltweit sind rund 11 Millionen Fahrzeuge betroffen.