Das Europäische Parlament hat heute Mittag nach Hunderten von Abstimmungen über Formulierungen die Positionen der europäischen Volksvertretung zu TTIP beschlossen. Der Ausschuss für internationalen Handel des Europäischen Parlaments in Brüssel befasste sich mit den Verhandlungen über TTIP, dem transatlantischen Handels- und Investitionsabkommen. Zur Abstimmung stand eine Resolution mit Empfehlungen an die Kommission, die die Verhandlungen mit den USA führt. Details wurden keine festgelegt, sondern nur eine Basis.

Dem Europäischen Parlament kommt eine entscheidende Rolle bei TTIP zu, da dieses am Schluss über die Annahme oder Ablehnung des Vertrages entscheiden wird. Das heutige Ergebnis gilt als Indikator für die Position des EU-Parlamentes, das am 10. Juni im Plenum über die TTIP-Resolution abstimmen wird und damit die Eckpfeiler einschlägt. Mit der vorliegenden Resolution versucht, das Parlament seine Rolle aufzuwerten. Seit Wochen arbeiteten die Abgeordneten an der Resolution, die so etwas wie ein Wunschzettel an die EU-Kommission ist.

Hitzige Debatte über private Schiedsgerichte

Am umstrittensten war im Parlament die Frage, ob private Schiedsstellen (ISDS) im Abkommen Platz finden sollen. Im Vorfeld hatten mehrere Ausschüsse Sondergerichten eine klare Absage erteilt. Die Meinungen der anderen Ausschüsse wurden im von Konservativ-Liberalen dominierten Handelsausschuss allerdings kaum berücksichtigt, das wurde anschließend von linken Abgeordneten kritisiert. Von einem klassischen - positiven - Kompromiss sprach die Europäische Volkspartei, eine starke „Pro-TTIP“-Botschaft aus Brüssel sah gar die Sprecherin der konservativen ECR-Fraktion, Emma McClarkin.

Bernd Lange (S&D), Vorsitzender des Ausschusses, hielt jedoch fest, dass es keine privaten Schiedsstellen gab, dürfe. „Die alten privaten Schiedsstellen sind hiermit nicht mehr Gegenstand der Diskussion, deutete er das Ergebnis der Resolution.

"Habe mir mehr erwartet"

Jörg Leichtfried, Vizepräsident der Sozialdemokraten im Parlament und Leiter der SPÖ-Delegation im Parlament, sieht das etwas anders. Er ist unzufrieden: „Ich habe mir mehr erwartet.“ Sein deklariertes Ziel, privater Investorenschutz solle nicht mehr notwendig sein, wurde so nicht entsprochen. „ISDS ist jetzt scheintot, das hilft aber nichts, das muss zu einem Ende kommen.“ Vor allem die linken Fraktionen sahen im Kompromiss, der ISDS keine klare Absage erteilte, eine „Niederlage der Bürger“. Leichtfried hofft auf die Abstimmung im Plenum, um dort Linke bzw. sozialdemokratische Positionen zu stärken und eine Anti-ISDS-Mehrheit zu bekommen.

Kritik von Nichtregierungsorganisationen 

Kritik an der Zustimmung des Handelsausschusses des EU-Parlaments für einen reformierten Investitionsschutz beim geplanten Handelsabkommen TTIP übten am Donnerstag mehrere Nichtregierungsorganisationen (NGOs).

Das Bündnis TTIP Stoppen wirft den Sozialdemokraten vor, ihr Versprechen gebrochen und im Handelsausschuss für Konzernklagerechte gestimmt zu haben. Für das Bündnis bieten die bestehenden Rechtssysteme in den USA und in Europa ausreichenden Schutz für Investoren. "ISDS ist nicht reformierbar und nicht notwendig. Daher muss das Europäische Parlament bei der Resolution am 10. Juni den Investitionsschutz klar ablehnen", fordert das Bündnis.

Die Abstimmung sei eine "Katastrophe für Umweltschutz und Demokratie", so Global 2000. Der EU-Handelsausschuss ignoriere Bedenken des Umweltausschusses und stimme für Konzernklagerechte. Der heute abgestimmte Text sei gespickt mit Kompromissen, die nur als Zugeständnisse der konservativen Abgeordneten an die Industrie gewertet werden könnten. Greenpeace kritisiert die Resolution ebenfalls und fordert ein deutliches Zeichen an die EU-Kommission. "Jetzt erst recht Nein zu ISDS", so Alexander Egit, Geschäftsführer von Greenpeace in Österreich. Für Greenpeace beinhaltet der "angeblich reformierte Vorschlag" von ISDS, über den heute abgestimmt wurde, keine echten Reformen, sondern rein kosmetische Änderungen. 

Industrie sieht "positives Signal"

Die Industriellenvereinigung (IV) sieht im Ausgang der heutigen Abstimmung dagegen ein "positives Signal". "Es ist erfreulich, dass eine klare Mehrheit der Abgeordneten die Chancen, die sich durch TTIP bieten, anerkennt und einen sachlichen Zugang gewählt hat", so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer.