Mit weitreichenden Geständnissen hat vor dem Bochumer Landgericht der Prozess um das sogenannte "Schienenkartell" begonnen. Die sechs angeklagten Manager des Linzer Stahlkonzerns voestalpine sowie ein Ex-Mitarbeiter der deutschen ThyssenKrupp haben zugegeben, bei öffentlichen Ausschreibungen an illegalen Preis- und Quotenabsprachen mitgewirkt zu haben. Opfer war die Deutsche Bahn.

In Geiselhaft

Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft liegt der Schaden im dreistelligen Millionenbereich. "Ich bin vollumfänglich geständig - dazu stehe ich", sagte einer der Angeklagten, der bis zur Aufdeckung des "Schienenkartells" Vorstandsmitglied bei der voestalpine war. Er mache sich noch immer große Vorwürfe, dass er seine Mitarbeiter nicht aus dem Kartellsystem herausgeführt habe. Entstanden sei das System allerdings durch die marktbeherrschende Position von ThyssenKrupp. Die voestalpine sei durch die Übernahme einer Produktionsstätte in Duisburg eine Zwangsehe eingegangen, die sich zu einer Art "Geiselhaft" entwickelt habe. "Mein Fehler war es, meine Opposition gegen diese Zwangsverbindung aufgegeben zu haben", sagte der 58-Jährige den Richtern.

Absprachen

Laut Anklage haben die wettbewerbswidrigen Absprachen spätestens 2001 begonnen. Ziel sei es gewesen, hohe Preise zu erzielen, die unter echten Konkurrenzbedingungen nicht zustande gekommen wären. Welches Unternehmen bei einer Ausschreibung den Zuschlag erhalten sollte, wurde nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft immer abgesprochen. In der Anklage heißt es dazu wörtlich: "In allen Fällen gaben die Angeschuldigten die abgesprochenen Angebote mit dem Ziel ab, die Deutsche Bahn zur Annahme der zuvor unter ihnen festgelegten Angebote zu veranlassen."

Kronzeugen

Die illegalen Machenschaften waren aufgedeckt worden, nachdem beim deutschen Bundeskriminalamt und beim Bundeskartellamt 2011 gleichlautende, anonyme Hinweise eingegangen waren. Am selben Tag hatte die voestalpine eine Art Selbstanzeige gestellt und sich als Kronzeuge angeboten.

Kartellrechtlich ist das Verfahren bereits abgeschlossen. ThyssenKrupp und die voestalpine haben nach eigenen Angaben Bußgelder von rund 200 Millionen Euro gezahlt - etwa 15 Millionen Euro davon entfielen auf das österreichische Unternehmen. Außerdem gab es eine Einigung mit der Deutschen Bahn über millionenschwere Schadenersatzzahlungen.