Wie die Nachrichtenagentur Reuters am Freitag aus dem Umfeld der niedersächsischen Landesregierung erfuhr, stößt Piechs Vorgehen gegen den Chef des Wolfsburger Konzerns immer mehr auf Unverständnis: "Noch zwei, drei solche Sachen sollte er sich jetzt nicht mehr leisten", sagte eine Person mit Kenntnis der Situation. Ministerpräsident Stephan Weil, der das Land im Präsidium des VW-Aufsichtsrats vertritt, hatte in den vergangenen Tagen von der VW-Spitze wiederholt mehr Professionalität gefordert.

Auf Distanz zu Piech

Auch einige Arbeitnehmer im Aufsichtsrat gingen auf Distanz zu Piech. Ein Insider aus dem Gremium verwies auf den Beschluss des Aufsichtsratspräsidiums, das sich vor einer Woche hinter Winterkorn gestellt und Piech damit eine herbe Niederlage zugefügt hatte. "Er (Piech) muss sich sehr wohl überlegen, was das auch für ihn und seine eigene Position bedeutet", sagte die Person zu Reuters. "Natürlich hat er (Piech) auch immer die Möglichkeit, eigene Konsequenzen zu ziehen", fügte der Insider hinzu. Piechs Büro in Salzburg wollte sich nicht äußern.

Bei dem Krisentreffen am Sitz der Familien Porsche und Piech vergangene Woche in Österreich war es beinahe zu einer Revolte gegen Piech gekommen, der an seiner Kritik an Winterkorn festhielt. Bereits damals hatte ein Rückzug Piechs im Raum gestanden. Am Sonntag stellten sich dann mehrere Mitglieder des Präsidiums jedoch hinter Piech, um eine Demontage des Firmenpatriarchen zu verhindern. "Es gibt keinen Grund, den Rücktritt von Dr. Piech zu betreiben", betonte der frühere IG-Metall-Boss Berthold Huber, der im Machtzentrum des Wolfsburger Konzerns sitzt. Piech habe in der Vergangenheit und der Gegenwart Großes für das Unternehmen geleistet. Die Arbeitnehmer hätten die feste Absicht, den erfolgreichen Weg von Volkswagen mit Piech und dem durch das Präsidiumsvotum gestärkten Konzernchef Martin Winterkorn fortzusetzen, sagte Huber. Auch VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh setzte sich für das Gespann aus Piech und Winterkorn an der VW-Spitze ein.

Die Front der Piech-Unterstützer scheint nun wieder zu bröckeln. Aufsichtsratsmitglieder werfen Piech vor, sich nicht an den Präsidiumsbeschluss zu halten. Der "Spiegel" berichtete am Freitag, mehrere Mitglieder des Kontrollgremiums hielten Piech deshalb für nicht mehr tragbar.

In der Staatskanzlei in Hannover herrscht die Meinung vor, dass Piech nun unter Beweis stellen muss, dass er "gut und professionell" im Sinne des Unternehmens handelt. "Ich habe den Eindruck, dass er das verstanden hat", sagte die Person. Sie verwies auf Piechs Erklärung gegenüber dem "Spiegel", wonach der 78-Jährige das Kriegsbeil begraben haben will. Piech hatte am Donnerstag Berichte dementiert, er forciere hinter den Kulissen weiter die Ablösung von Winterkorn: "Herr Winterkorn und ich haben uns vergangene Woche ausgesprochen und uns auf eine Fortsetzung der Zusammenarbeit geeinigt." Kritiker halten diese Erklärung jedoch für unglaubwürdig.

Konzernkennern zufolge soll der Aufsichtsratschef bei einem Familientreffen noch in dieser Woche versucht haben, eine Mehrheit zu bekommen, um den VW-Chef doch noch vor der Hauptversammlung am 5. Mai aus dem Amt zu drängen. Laut "Spiegel" soll er dabei Porsche-Chef Matthias Müller gebeten haben, sich auf einen Wechsel auf die Position des Vorstandsvorsitzenden des Wolfsburger Autokonzerns vorzubereiten. Die Familienholding Porsche SE lehnte eine Stellungnahme ab. Auch Skoda-Chef Winfried Vahland war in den vergangenen Tagen als Nachfolgekandidat für Winterkorn genannt worden.

Für eine Abwahl des Aufsichtsratsvorsitzenden müssten 14 der insgesamt 20 Mitglieder des Kontrollrats stimmen. Die Familien Porsche und Piech haben bisher immer an einem Strang gezogen. Sie kämen zusammen mit dem Emirat Katar auf sieben Stimmen und könnten Piech so im Amt halten.