Die russische Regierung stellt sich wegen des rasanten Preisverfalls von Öl und Rubel auf eine Wirtschaftskrise ein. Finanzminister Anton Siluanow sagte am Freitag, die Wirtschaftsleistung könne nächstes Jahr um vier Prozent schrumpfen, sollte der Ölpreis auf dem aktuellen Niveau von rund 60 Dollar pro Fass bleiben.

Es wäre das erste Mal seit 2009, dass die russische Wirtschaft nicht wächst. Das würde auch den Haushalt des osteuropäischen Landes belasten. Das Defizit würde dann wohl auf über drei Prozent der Wirtschaftsleistung steigen. Für ein ausgeglichenes Budget müsse der Ölpreis steigen, sagte Siluanow.

Seit Juni hat er sich aber nahezu halbiert, weil das Angebot die Nachfrage deutlich übersteigt und sich die Opec-Länder gegen eine Produktionskürzungen entschieden. Anders als Russland betonte der Top-Produzent Saudi-Arabien, auf eine längere Phase niedriger Ölpreise vorbereitet zu sein und diese durchstehen zu können.

Rubel-Verfall eingebremst

Zumindest der Verfall des Rubel, der viele Unternehmen in Schach hält, setzte sich zunächst nicht fort. Am Freitag kostete ein Dollar gut 54 Rubel. Zuletzt bekam man am Markt noch 80 Rubel für einen Dollar - ein Rekordtief für die russische Währung. Die russische Zentralbank hatte den Leitzins zuletzt massiv angehoben, wodurch Anlagen im Land attraktiver werden. Regierungskreisen zufolge hat Moskau zudem fünf der größten Exporteure verpflichtet, einen Teil ihrer Devisenreserven auf den Markt zu werfen. Betroffen sind davon unter anderem die Energiekonzerne Gazprom und Rosneft.

Anzeichen zunehmender Probleme russischer Firmen und der gesamten Wirtschaft gibt es bereits zuhauf. Am Freitag teilte die Zentralbank zum Beispiel mit, die mittelgroße Trust Bank mit bis zu 2,4 Milliarden Dollar vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Es ist das erste Opfer der jüngsten Währungsturbulenzen. Auch andere Geldhäuser sind bereits auf staatliche Mittel angewiesen. Die Rating-Agentur Standard & Poor's hat zudem angedeutet, die Kreditwürdigkeit Russlands womöglich bald in den sogenannten Ramsch-Bereich zurückzustufen, der für besonders riskante Investments steht.

Am Donnerstag hatte Finanzminister Siluanow die Währungskrise noch für beendet erklärt. Die Turbulenzen auf dem Devisenmarkt seien vorüber und der Rubel erstarke wieder. Die Währung hat vor allem wegen des Ölpreis-Rückgangs sowie wegen der westlichen Sanktionen im Zuge des Ukraine-Konflikts an Wert verloren.

Devisenreserven auf Tiefstand

Die russischen Gold- und Devisenreserven sind durch Stützungskäufe auf den tiefsten Stand seit mehr als vier Jahren gefallen. Die Moskauer Notenbank bezifferte die Reserven auf 398,9 Milliarden Dollar - ein Rückgang von 15,7 Milliarden Dollar innerhalb einer Woche. Zuletzt hatte die Summe im August 2009 unter 400 Milliarden Dollar gelegen. Die Notenbank hat in diesem Jahr insgesamt mehr als 80 Milliarden Dollar zur Stützung des Rubel ausgegeben.

Nach Angaben der Regierung in Moskau hat der Wertverlust des Rubel die Inflationsrate zuletzt auf 10,4 Prozent angeheizt. Bis Jahresende könne sie sogar auf rund elf Prozent steigen. Die Preissteigerung hatte zuletzt während der Finanzkrise 2009 die psychologisch wichtige Schwelle von zehn Prozent überschritten.