Die Miene von Finanzminister Hans Jörg Schelling ist ernst. Und mit dem bestimmten Blick auf die Uhr scheint er demonstrieren zu wollen, dass es jetzt wohl höchste Zeit für den nächsten Schachzug im Streit um das Milliardengrab Hypo Alpe Adria war. Vorweihnachtliche Stimmung mag an diesem Freitagvormittag so gar nicht aufkommen, als Schelling Österreichs nunmehr eingebrachte Klage gegen den früheren Hypo-Mehrheitseigentümer BayernLB umreißt. „Das ist kein Tag zum Scherzen heute“, betont Schelling. Und legt dann los. 3,5 Milliarden Euro klagt die Republik Österreich von der BayernLB ein. Man habe monatelang alle Alternativen geprüft. „Wir sind den Steuerzahlern verpflichtet.“

Damit ist der schon lange schwelende Streit zwischen Österreich und Bayern endgültig eskaliert. Erst vor wenigen Tagen hat die BayernLB ja ihrerseits eine Klage gegen die Republik Österreich in Höhe von 2,4 Milliarden Euro beim Handelsgericht Wien eingebracht.

„Katastrophaler Zustand“

Die Bruchlinien sind tief, wie auch die Wortwahl untermauert. Die Klage Österreichs und das Vorgehen Schellings seien „in höchstem Maße unseriös, sowohl was die Kommunikation als auch den Inhalt angeht“, ätzte der bekannt wortgewaltige bayerische Finanzminister Markus Söder gestern Richtung Wien. Zuvor hatte Schelling in Wien noch appelliert: „Die Politpoltereien gehören beendet und endlich Gespräche geführt.“ Doch die Stimmung ist angespannt, Beobachter sprechen von einer „Eiszeit“.
Österreich, so der Inhalt der Klage, fühlt sich von den Bayern getäuscht. Der Titel der Klageschrift: „Anfechtungsklage gegen die Notverstaatlichungsvereinbarung“.

Der Inhalt der Klagschrift: Ganz kurz gefasst, fühlt sich Österreich von den Bayern getäuscht. Schelling spricht sogar von einer „bewussten Täuschung“. Sie hätten über den wahren, den katastrophalen Zustand der Problembank Hypo Alpe Adria nicht informiert und den wahren Kapitalbedarf vor der Notverstaatlichung vor ziemlich genau fünf Jahren nicht offengelegt.

Im Detail zielt die Klage „auf den geldwerten Ausgleich der Hypo-Verstaatlichung“ ab. Darin wehrt man sich laut Schelling auch dagegen, dass die BayernLB knapp vor der Verstaatlichung 600 Millionen Euro aus der früheren Hypo und nunmehrigen Abbaugesellschaft („Bad Bank“) Heta abgezogen hätte. Zudem hätten die Bayern eine Zwangslage wegen des großen Hypo-Engagements am Balkan ausgenutzt.
Gestützt auf zahlreiche Gutachten habe man sich für diese „Anfechtungsklage gegen die Notverstaatlichungsvereinbarung“ entschieden – eingebracht wurde die Klage beim Handelsgericht Wien.
Bei den 3,5 Milliarden Euro handle es sich laut Schelling um „jene Summe, die den tatsächlichen damaligen realistischen Wert, den die Bayern zu bezahlen gehabt hätten, aus heutiger Sicht darstellt“. Jetzt seien die Bayern am Zug. Denn die hätten auf den Vergleichsvorschlag Österreichs bisher nicht einmal reagiert.

Hoffen auf Vergleich

Das erklärte Ziel Österreichs sei nach wie vor ein Generalvergleich. In der aktuell so aufgeladenen Stimmung zwischen den Streitparteien scheint ein solcher – zumindest derzeit – aber kaum realisierbar. Man habe sich in den vergangenen Monaten auch intensiv um einen Vergleich bemüht, bis dato jedoch erfolglos. „Jetzt sind die Bayern am Zug, weil sie uns auch zu dem Vergleichsgespräch vom letzten Mal nie eine Antwort gegeben haben“, sagt Schelling.

Mehr als demonstrative Empörung hat man dafür in Bayern vorerst aber nicht übrig. Es könne keinen Vergleich mit jemandem geben, der von vornherein sage, er wolle keinen Cent zahlen, ließ man aus dem Büro von Finanzminister Söder ausrichten. Im Übrigen habe der Bericht der Hypo-Untersuchungskommission bestätigt, dass die Fehler „eindeutig auf österreichischer Seite“ liegen würden und die Bundesregierung in Wien die Verantwortung für die Art der Verstaatlichung trage.