Die "Welt am Sonntag" berichtete, alleine bei "Cum-Ex-Geschäften", bei denen Behörden aus Nordrhein-Westfalen an den Ermittlungen beteiligt seien, gehe es um zwei Milliarden Euro.

In Bayern würden Banken und andere Investoren verdächtigt, 350 Millionen Euro zu Unrecht kassiert zu haben, in Hessen gehe es um 979 Millionen Euro.

Bei den ausgeklügelten Aktiendeals hatten die Beteiligten eine erste 2012 gestopfte Gesetzeslücke genutzt, um sich vom Finanzamt Steuern erstatten zu lassen, die gar nicht gezahlt worden waren. Grundlage des umstrittenen Geschäftsmodells war ein Aktienhandel rund um den Dividendentermin. Dabei ging es um Aktien vor diesem Zeitpunkt, also mit (lateinisch: cum) Ausschüttungsanspruch, und um Papiere danach, also ex Dividende.

Cum-Ex-Geschäfte seien Steuerhinterziehung, sagte der Steuer-Abteilungsleiter im deutschen Finanzministerium, Michael Sell, der Zeitung. In Hessen liefen insgesamt 30 Verfahren, schrieb die Zeitung, die Behörden in Nordrhein-Westfalen seien an 300 bis 400 Ermittlungen beteiligt. Auch zu mehreren Razzien kam es bereits.

Von findigen Banken und Steuerexperten beratene Investoren hatten sich den Umstand zunutze gemacht, dass die auf Dividenden fällige Steuer von der ausschüttenden Aktiengesellschaft direkt ans Finanzamt überwiesen wurde. Der Aktionär bekam nur den Nettobetrag - und dazu eine Bescheinigung seiner Depotbank über die Kapitalertragsteuer, welche die AG zu seinen Lasten gezahlt hatte. Diese Steuerbescheinigung war bares Geld wert: In vielen Fällen kann sich der Aktionär damit Geld vom Fiskus zurückholen.

Mithilfe mehrfacher unübersichtlicher Besitzerwechsel der Aktien rund um den Ausschüttungstermin gelang es Investoren, die wertvollen Steuerbescheinigungen auf wundersame Weise zu vervielfachen: Aktien wurden leer verkauft, also ohne sie zu besitzen, und erst einige Tage später geliefert, Papiere wurden verliehen. Weil durch solche Transaktionen rund um den Dividendentermin nicht mehr klar war, auf wessen Kosten das Finanzamt die Kapitalertragsteuer erhalten hatte, wurden am Ende mehreren Beteiligten Erstattungsansprüche bescheinigt.