Sind Sie mit dem Prüfbericht des Landes aufgestanden und schlafen gegangen bzw. wie oft haben Sie ihn seit Erhalt durchgelesen?
BERND OSPRIAN: Teils nur einmal, teils zwei- oder dreimal. Mit Vizebürgermeister Ewald Bramauer habe ich die Einsichtnahme wiederholt. Der Terminkalender war durch die Strukturreform und die Weihnachtsfeiern sehr dicht. Es war sehr zeitintensiv in den letzten Wochen.
Gibt es Passagen, wo man sagen könnte, wenn Sie genauer hingeschaut hätten, hätten Sie die Misere früher entdecken müssen?
OSPRIAN: Das Ganze hat 1999 angefangen, gerade, was die Darlehen betrifft. Es kam zur Errichtung des Teleparks, bei dieser Entscheidung war ich noch nicht dabei. Damals sind wir für dieses Projekt bewundert worden, wir haben das als Chance gesehen, aber im Nachhinein ist man schlauer. Es wurde ein Businessplan gemacht und die Mieten indexiert, die in Wahrheit am Markt nicht zu erwirtschaften waren.
Noch einmal: Hätte man früher draufkommen können?
OSPRIAN: Gerade bei den Darlehen hätte von Anfang an besser drauf geschaut werden müssen. Wir haben uns mit dem Rechnungsabschluss befasst, aber dem Nachweis im Rechnungsabschluss zu wenig Bedeutung geschenkt.
Ein Vorwurf an alle Beteiligten?
OSPRIAN: 1999 hat das erste Mal die Differenz bestanden, da hätte man intensiver schauen müssen.
Sie haben volle Transparenz bei der Aufklärung versprochen: Warum wurde den Gemeinderäten nicht der ganze Prüfbericht vorgelegt?
OSPRIAN: Mit Vizebürgermeister Bramauer bin ich den Bericht zweimal durchgegangen. Die Schwerpunkte, die in den Medien kursierten, wie Darlehen oder ausgelagerte Gesellschaften, haben wir im Gemeinderat mehr als ausführlich präsentiert.
Was sprach dagegen, den gesamten Bericht vorzulegen?
OSPRIAN: Was spricht dagegen? Man hätte Dinge aus dem Kontext reißen können, außerdem gibt es ein Amts- und Steuergeheimnis.
Geschützte Daten hätte man schwärzen können wie bei den Untersuchungsausschüssen im Parlament. Ohne kompletten Bericht könnte man es so auslegen, dass noch mehr Leichen im Keller liegen. Ist das so?
OSPRIAN: Es gibt keine Leichen. Und wenn ihr schreibt, es sind 2,5 Millionen Euro verschwunden, stimmt das nicht. Der Darlehensstand war nicht richtig, der Schuldenstand hat sich um diese Summe erhöht.
Wie hoch ist derzeit der Schuldenstand bzw. der Verschuldensgrad?
OSPRIAN: 2010 waren es samt diesen Altlasten zwölf Millionen Euro. Am 31. Dezember wird sich der Schuldenstand auf 7,2 Millionen reduziert haben. Wenn ich das Verhältnis Schulden zu ordentlichen Einnahmen gegenüberstelle, sind das 65 Prozent, also weniger als beim Land Steiermark. Den Verschuldensgrad weiß ich nicht genau, der liegt bei knapp mehr als sieben Prozent, ist aber nicht aussagekräftig. Wir sind auf einem guten Weg. Wir haben 2013 vieles richtiggestellt. Der Rechnungsabschluss 2013 ist ein Neubeginn.
Hört man Details aus dem Bericht, hat man den Eindruck in der Stadtgemeinde herrschte ein „Saustall – Stichwort: vergessene Schilling-Sparbücher, Testamente: Wie wird dieses Chaos in Zukunft vermieden?
OSPRIAN: Bei jedem Unternehmen ist es gut, wenn ein Externer draufschaut. Man kriegt mit der Zeit einen Tunnelblick. Wir haben erkannt, dass wir Handlungsbedarf haben. Mit der Strukturreform müssen wir zwei Systeme zusammenführen. Das haben wir zum Anlass genommen, um die Arbeitsabläufe neu zu steuern.
Macht das neue Computerprogramm auch darauf aufmerksam, dass Gebühren nicht kostendeckend eingehoben werden wie beim Kindergarten oder der Musikschule?
OSPRIAN: Bei Musikschulen wird man schwer kostendeckend sein können, weil die Tarife vom Land vorgegeben sind. Wir müssen uns anschauen, ob es Einsparungsmöglichkeiten gibt. Beim Wasser und Kanal sind wir seit 2010 kostendeckend.
Hauptübel für die Misere waren die verschleierten Darlehenskonvertierungen. Wer hat das gemacht und warum?
OSPRIAN: Konvertierungen macht man, wenn man laufende Zahlungen nicht mehr bedienen kann. Dass die Tilgungen niedriger werden und die Laufzeit länger. Das ist ein Zeichen, dass es klemmt, um es salopp zu sagen. Es ist damals viel in die Infrastruktur investiert worden. Damit konnte man die Einwohnerzahl stabil halten.
Aber warum schien das nicht im Rechnungsabschluss auf?
OSPRIAN: Das kann ich nicht sagen. Irgendwann wird man den Faden verloren haben. Verantwortlich war sicher die Buchhaltung. Das war damals Max Kienzer.
Es fing unter Bürgermeister Karl Neuhauser an und ging unter seinem Nachfolger Kienzer weiter, oder nicht?
OSPRIAN: Neuhauser hat sicher nichts mit der Buchhaltung zu tun gehabt.
Also ist Max Kienzer der Hauptverantwortliche. Hat er das aus eigenem Antrieb oder im Auftrag gemacht?
OSPRIAN: Darüber will ich nicht spekulieren. Das kann er nur selbst beantworten.
Warum haben die Banken nicht reklamiert, als die Tilgungen ausblieben?
OSPRIAN: Da wird sicher telefoniert worden sein. Im Bezirk kennt man sich ja. Schriftlich gibt es nichts.
Wird die Stadtgemeinde Ansprüche geltend machen?
OSPRIAN: Das kann man nur, wenn Schaden entstanden ist und ich weiß nicht, welcher. Wenn ein Schaden entstanden wäre, hätten das die Kollegen von der Prüfabteilung angeführt. Der Bericht ist ja zur Staatsanwaltschaft gegangen. Das muss man sich danach anschauen.
Wann haben Sie von den Tilgungsaussetzungen erfahren?
OSPRIAN: Ich habe es gemerkt, als die BH da war.
Warum haben sie das Bürgermeisteramt dann noch angenommen?
OSPRIAN: Weil ich das, was falsch gelaufen ist, als Stadtamtsdirektor korrigieren hätte müssen.
Wird es auch in Zukunft viele Funktionen in Personalunion geben wie in der Vergangenheit?
OSPRIAN: Ich werde keine Geschäftsführertätigkeit annehmen.
Aber einen Bürgermeister und Stadtamtsdirektor könnte es nach der Wahl geben?
OSPRIAN: Das könnte ich mir vorstellen, dass machen auch andere Kollegen im Bezirk. Bürgermeister allein wäre mir zu wenig Aufgabe. Ich liebe die Verwaltung und bin belastbar.