In seiner Zeit als Nationalteamspieler kannte ihn jedes Kind. Jürgen Säumel, den Fußballstar aus der Steiermark. Ein Wunderkind, talentiert, ehrgeizig. Mit 20 Jahren Kapitän eines der renommiertesten Vereine des Landes und Spieler im österreichischen Nationalteam. Er hat eine eigene Facebook-Fanseite sowie einen Wikipedia-Eintrag, sein Name bringt bei Google über 28.000 Einträge, sein Bild ziert Sammelkarten. Ein großer Teil seines Lebens verlief öffentlich, bevor es um den Neumarkter Profisportler ruhig wurde – ruhiger zumindest. Wir haben ihn zum Gespräch gebeten.

Fußballprofi – damit leben Sie den Traum vieler Kinder. Wie sieht die Realität aus?
JÜRGEN SÄUMEL: Wie in jedem Beruf gibt es schöne Phasen, in denen man fit ist, Erfolg hat, bei einem guten Verein unter Vertrag ist, in einem schönen Stadion spielen darf und einfach Spaß hat. Und dann gibt es Zeiten, wo es einfach nicht läuft, man verletzt ist, auf sich alleine gestellt. Man ist schon privilegiert als Profi, muss sich aber vor Augen halten, dass es ein Ablaufdatum gibt. Nach rund 15 Jahren muss man aufhören. Aber es gibt ein Leben danach.

Stichwort Leben danach – was ist Ihr persönlicher Plan B?
SÄUMEL: Ich bin noch zwei Jahre lang bei Innsbruck unter Vertrag und hoffe, dann vielleicht noch ein paar Jahre irgendwo weiterspielen zu können. Ich werde dann im letzten Jahr entscheiden, ob das noch Sinn hat. In meiner Karriere habe ich leider viele Verletzungen gehabt, gleichzeitig einiges versäumt, das ich nachholen möchte. Heuer im Sommer habe ich mit der Trainerausbildung begonnen, gerade die Jugendarbeit ist ja naheliegend. Ich kann mir aber auch einen Beruf abseits des Fußballs gut vorstellen.

Würden Sie einem Nachwuchstalent raten, den Weg in den Profisport zu gehen?
SÄUMEL: Ich würde jedes Kind bei seiner Leidenschaft unterstützen, ob das jetzt Sport, Handwerk oder ein Studium ist. Wenn jemand Fußballer werden will, warum nicht? Allerdings würde ich raten, parallel die Schule und eine Ausbildung fertig zu machen.

Mit 20 Jahren waren Sie Kapitän des SK Sturm und somit auf der Karriereleiter ganz weit oben. Läuft man Gefahr, die Bodenhaftung zu verlieren?
SÄUMEL: Die Gefahr ist da, man lebt als Fußballprofi in einer Parallelwelt. Gerade da zählen Freunde und Familie, um einen wieder runter zu holen.

Im Sport geht es oft um unglaubliche Summen, Sie selbst hatten zeitenweise einen Marktwert von zwei Millionen Euro. Wie geht man damit um?
SÄUMEL: Über das Geld habe ich mir anfangs nie den Kopf zerbrochen, später denkt man dann natürlich daran. Im Vergleich mit internationalen Sportstars ist es aber nicht so viel. Während du aktiv bist, willst du alles geben, deine Leistung bringen, Grenzen auszuloten. Freilich ist es schön, wenn andere Vereine Interesse an dir zeigen. Aber diese Transferwerte sind für mich nicht wichtig, die betreffen mich ja eigentlich nicht.

Ihre Karriere hat einst beim TSV Neumarkt begonnen – wie stehen Sie heute zur alten Heimat?
SÄUMEL: Ich habe nach wie vor viel Kontakt in die Heimat, fahre so oft es geht heim. Meine engsten Freunde wohnen dort, meine Freundin kommt aus Neumarkt, meine Eltern sind da, mein Bruder... Ich bin sehr heimatverbunden, habe ich ein oder zwei Tage frei, fahre ich heim.

In Ihrer Karriere gab es Höhen und Tiefen – was hat sich Ihnen besonders eingeprägt?
SÄUMEL: Sehr gerne denke ich an die schönen Momente zurück, ich war zweimal Kapitän bei Sturm, dann die Zeit in Italien und den Aufstieg in die Serie A, das erste Spiel mit dem Nationalteam, die Europameisterschaft im eigenen Land. Solche Sachen vergisst man nicht, die prägen einen. Negativ waren vor allem die Verletzungen, ich war einmal ein ganzes Jahr weg.

Wie wohl fühlt sich ein Steirer in Innsbruck?
SÄUMEL: Sehr wohl! Es gibt ja viele Steirer in der Mannschaft (lacht). Die Tiroler sind anfangs distanziert, dann aber sehr herzlich. Und die Natur in Innsbruck ist wunderschön.

Als Fußballer hängt Ihre gesamte Karriere von Ihrem Körper ab – ist man sich dessen bewusst?
SÄUMEL: Der Druck ist da, wenn der Körper ausfällt, ist man nicht nur selbst unzufrieden. Es kommt Druck vom Trainer, vom Team, von den Medien, den Fans. In den Phasen, in denen ich lange verletzt war, habe ich viel gelernt. Im Moment kann ich mich glücklich schätzen, ich habe die richtigen Therapeuten. Hätte ich die vor zehn Jahren schon gehabt, hätte ich heute weniger Probleme.

Können Sie sich eine Rückkehr nach Neumarkt vorstellen?
SÄUMEL: Ja, auf alle Fälle. Das Problem ist die Arbeitsmarktlage, das ist momentan der einzige Nachteil der Region. Die Lebensqualität ist toll, und ich wünsche mir, dass meine Kinder eines Tages so unbeschwert aufwachsen wie ich einst. Aber mal sehen, jetzt bleibe ich ja noch in Innsbruck, und dann, wer weiß?

Wie gehen Sie mit dem Ruhm um, mit der Öffentlichkeit?
SÄUMEL: In Österreich sind wir wirklich gesegnet. Als Profi hat man ein schönes Leben, wird von der Öffentlichkeit weitgehend in Ruhe gelassen. In Italien war das ganz anders, da waren wir quasi täglich in den Sporttageszeitungen vertreten. Die Italiener sind halt sehr fußballfanatisch, da hat man wenig Privatsphäre.

Ist das Ausland noch ein Thema für Sie?
SÄUMEL: Nein, damit habe ich abgeschlossen. Das Ziel ist jetzt, Innsbruck zurück in die Bundesliga zu bringen, darauf konzentriere ich mich.

Abschließend – würden Sie alles noch einmal so machen, wenn Sie die Wahl hätten?
SÄUMEL: Ja, grundsätzlich schon, wobei ich mit dem Wissen und der Erfahrung von heute natürlich einiges anders machen würde. Fußball ist meine große Leidenschaft, nach wie vor. In schlechten Phasen muss man standhaft bleiben, aber momentan taugt es mir total. Wobei ich mit meinen 30 Jahren ja schon zu den „gestandenen“ Spielern gehöre, es kommen sehr viele gut ausgebildete Junge nach. Früher gab es in einem Verein vielleicht zwei, drei Junge, heute ist es umgekehrt.