Er treibt teils seltsame, teils erfrischende, teils ungewöhnliche Blüten, der steirische Gemeinderatswahlkampf. Nach der Wahl am 22. März wird man zum Beispiel wissen, ob „Ein Fass Bier für jeden Österreicher“ ein tauglicher Wahlkampfslogan ist. Das fordert die Österreichische Kirchtagspartei (Ökip), die zwecks Erhöhung des Bierkonsums mehr Brauchtumsfeste und Kirchtage will – und eine Abschaffung der Biersteuer.
Kein Wunder, dass solche Forderungen ausgerechnet in der Gösser-Stadt Leoben erhoben werden. Die Ökip versteht sich aber nur bis zu einem gewissen Grad als Satire- und Spaßpartei: „Es gibt einen ernsten Hintergrund, denn das Klima im Gemeinderat ist schlecht, und für die fast 4000 Studenten der Montanuni wird wenig getan. Das wollen wir ändern“, sagt Spitzenkandidat Florian Prokop (24), gebürtiger Klagenfurter und selbst Student. Die politische Konkurrenz ist allerdings hart: Die Wähler in Leoben haben mit zehn Listen die größte Auswahl im Land.
Junge Parteigründerin
Womit wir bei den erfrischenden Wahlkampf-Blüten wären. Während etablierte Parteien oft Überzeugungskraft brauchen, um junge Kandidaten auf ihre Listen zu bringen, geht Sonja Rauscher aus St. Margarethen bei Knittelfeld ihren eigenen Weg: „Wenn ich kandidiere, dann will ich ganz vorne auf der Liste sein – das war bei der Volkspartei nicht möglich.“
Deshalb hat die kecke 18-jährige Schülerin der HAK Judenburg kurzerhand eine eigene Partei, besser gesagt „Partie“ gegründet: Die „Jugendvolkspartie-Sonja“. Elf Kandidaten hat sie auf der Liste, keiner über 30. Ihre Motivation? „Wir wollen unsere Ideen einbringen.“ Die sind weniger revolutionär als konservativ: Einführung eines Gemeindetaxis, Erhalt von Kindergärten, Schulen, Altenbetreuung, Feuerwehr, Vereinen und mehr. Bis zu drei Mandate in dem mit Rachau und St. Lorenzen fusionierten Ort rechnet sich Rauscher aus.
Ungewöhnliche politische Blüten gedeihen in Hartberg-Umgebung. Während die Parteien sonst mit der Frauenquote ihr liebe Not haben, hapert es bei der SPÖ Hartberg-Umgebung bei der Männerquote. Sie liegt bei null Prozent.
Ehefrauen sind dagegen
„Ich habe Männer gefragt, ob sie auf die Liste gehen, da waren deren Frauen dagegen – und ich leg’ mich mit keiner Ehefrau an“, schmunzelt Spitzenkandidatin Klaudia Ehrenreich, die mit Beate Schuller und Gisela Bruggner die SPÖ-Liste bildet – und auf einen Sprung von derzeit zwei auf drei Mandate hofft.
Unangenehme Wahl-Blüten haben indes die Reformpartner zu verdauen. Die frühere Rote Elisabeth Posch aus Parschlug und die ehemalige Schwarze Waltraud Schiffer aus Eggersdorf sind nun aus Protest FPÖ-Kandidatinnen. Jetzt folgt Ex-SPÖ-Bürgermeisterin Christine Kneisl aus Dürnstein im Bezirk Murau. Sie steht auf der Liste „FPÖ und Unabhängige“ in der Fusionsgemeinde Neumarkt: „Ich bin weg von der SPÖ. Wenn eine Fusions-Volksbefragung nicht zählt, nicht einmal ein vernünftiges Gespräch möglich ist, kann man nicht weitermachen“, sagt Kneisl. Sie steht an 15. Stelle, sei aber kein FPÖ-Mitglied: „Von Parteien habe ich genug.“