Kurz vor dem Saisonstart hat das Team noch eine Woche auf Zypern eingeschoben – wie funktioniert eine Vorbereitung auf das Skispringen in Badehose?
GREGOR SCHLIERENZAUER: Indem man gezielt Bewegung macht, ordentlich schwitzt und nicht zu kurz regeneriert. Zypern war super, das Wetter optimal. Wir haben noch einmal die Energiespeicher auffüllen können. Der Spaß kam nicht zu kurz, wir haben die Köpfe freibekommen, die Vorfreude auf den Schnee wurde noch intensiver. Und die Vorfreude ist ja die schönste Freude.
Vor Klingenthal gibt es keine Schneesprünge – ein Problem?
SCHLIERENZAUER: Nicht wirklich, zumal es in den letzten Jahren nicht anders war. Durch die Eisspuren wie zuletzt in Oberstdorf haben wir uns gut vorbereiten können, mit und auf Schnee wäre es aber natürlich feiner gewesen.
Wie stehen Sie zum Rücktritt von Thomas Morgenstern?
SCHLIERENZAUER: Wichtig ist, dass es Thomas mit der Entscheidung gut geht. Und ich denke, das tut es auch.
Hätten Sie in seiner Situation genauso gehandelt?
SCHLIERENZAUER: Das kann ich erst beurteilen, wenn ich in einer vergleichbaren Situation wäre, was hoffentlich nicht passiert.
Diese Angst, auf dem Bakken zu sitzen – plagte Sie die nach Ihren Stürzen auch?
SCHLIERENZAUER: Ja, beim Comeback nach meiner Knieverletzung hatte ich auch Angst. Es hat viel Überwindung gekostet und war ein harter Prozess. Du musst dir das Vertrauen in dich selbst wieder erarbeiten und auch den Mut zum Risiko musst du neu definieren. Mit der Zeit weicht die Angst, der Respekt fliegt aber immer mit. Skispringen ist eine sehr sensible Sportart, man spielt mit der Luft, reizt Grenzen aus und wandelt auf einem schmalen Grat. Man darf in keiner Sekunde den Faden verlieren und muss zurückstecken können, wenn die Bedingungen nicht mitspielen.
Die Anzüge sind wieder etwas weiter geworden – ein Vorteil?
SCHLIERENZAUER: Sie sind um einen Zentimeter breiter geworden, damit sind sie nach wie vor eng. Wir werden in der Luft schnell bleiben – ob das ein Vorteil ist, bleibt abzuwarten. Aber man muss ohnehin nehmen, was kommt.
Haben Sie in Ihrer Saisonvorbereitung heuer etwas verändert, um der Routine zu entkommen?
SCHLIERENZAUER: Ich habe neben individuellen Einheiten intensiver mit dem Team am Stützpunkt zusammengearbeitet.
Wie läuft ein typischer Trainingstag ab?
SCHLIERENZAUER: Man muss zwischen dem Sprungtraining und den Kraft- und Ausdauereinheiten unterscheiden. Bei letzteren arbeiten wir nach dem Frühstück rund 150 Minuten in der Kraftkammer, dann folgen Dehnungsübungen und am Nachmittag skisprungrelevante Reize plus Regeneration.
Es wartet wieder eine Saison mit vielen Höhepunkten wie Tournee und WM. Ihre Ziele?
SCHLIERENZAUER: Auf einem konstant hohen Niveau Ski springen und mit dem Team neu durchstarten. Ich bin zwar erst 24 Jahre jung, gehe aber bereits in meine neunte Weltcup-Saison – da hat sich einiges an Erfahrung angesammelt und genau die gilt es weiterzugeben.
Wie schwer war es, die Olympia-Enttäuschung zu verdauen?
SCHLIERENZAUER: Der Aufarbeitungsprozess war intensiv und hat mich nachdenklich gestimmt. Ich habe meine sportlichen Ziele verfehlt und das analysiert. Im Nachhinein ist man schlauer, insofern habe ich einiges dazugelernt.
Mit Heinz Kuttin haben Sie einen neuen Cheftrainer – wie läuft die Zusammenarbeit?
SCHLIERENZAUER: Wir hatten eine intensive Vorbereitung mit neuen Reizen. Heinz ist extrem dahinter, die Zusammenarbeit ist harmonisch und innovativ.
Was sagen Sie Kritikern, die Sie für die Absetzung Alex Pointners verantwortlich machen?
SCHLIERENZAUER: Gar nichts. Jeder hat seine Meinung und jeder seine Wahrheit.
Und Ihr schönstes Erlebnis im heurigen Sommer?
SCHLIERENZAUER: Die Tage in Barcelona. Ich war erstmals dort – eine extrem tolle Stadt.

INTERVIEW: ALEXANDER TAGGER