Freitagfrüh hat Ferdinand Hirscher seinen Sohn Marcel zum Riesentorlauftraining in Meribel begleitet, danach sah sich das Mastermind des derzeit erfolgreichsten Projekts im alpinen Skisport "aus reinem Interesse" den Teambewerb an. Zum möglichen vierten Gesamtweltcupsieg des Juniors meinte der Senior, dass dies "natürlich schon gewaltig" wäre. Trotzdem werde man am Boden bleiben.

Der Notiz für die Geschichtsbücher, dass Marcel Hirscher der erste Skirennläufer werden könnte, der viermal hintereinander den Gesamtweltcup gewinnt, dürfe man "nicht zu viel Bedeutung zumessen", meinte Ferdinand Hirscher. "Sicher widerspiegelt das eine Topleistung über vier Jahre, aber jetzt müssen wir erst schauen, ob sich dass überhaupt ausgeht", merkte er an. Mit aller Wahrscheinlichkeit wird es das. Denn Marcel Hirscher liegt 34 Zähler vor dem Norweger Kjetil Jansrud und hat mit dem Riesentorlauf am Samstag und dem Slalom am Sonntag noch seine Hauptdisziplinen vor sich.

"Rekorde passieren"

Rekorde kämen mit der Kontinuität, meinte Hirscher senior. "Rekorde passieren. Man kann nie zu Beginn einer Karriere sagen: 'So, ich möchte die Rekorde vom Girardelli brechen.'" Und was die Ziele betreffe, so sei das Ziel immer das nächste Rennen. "Weil jedes Rennen wieder eigene Gesetze hat, eigene Schwierigkeiten definiert."

Sollte die vierte große Kugel Realität werden, wird man das im Hirscher-Lager vor allem mit Freude zur Kenntnis nehmen. "Wir sind vom Schicksal ziemlich gebeutelt in unserer Familie. Mein Bruder ist Komapatient, der ist acht Meter vom Dach runtergefallen. Da relativiert sich alles, da ist man immer am Boden. Da ist Überheblichkeit uninteressant. Auch Stolz, denn der hat für mich immer einen bitteren Beigeschmack und etwas Überhebliches. Ich definiere das mit Freude. Ich würde mich sehr freuen", sagte der mit einer Niederländerin verheiratete Salzburger.

Die Talente unterstützen

Sich so um seinen Sohn zu kommen, nennt Ferdinand Hirscher eine Pflicht. "Es sind die Pflichten der Eltern, die Kinder in ihren Talenten zu unterstützen, ob das ein Geigenvirtuose ist, oder ein Schachspieler oder Sportler. Wie weit dann der Erfolg geht, ist wieder ein anderes Thema. Da muss man so viel Glück haben, da gehört eine schnelle Muskulatur dazu, ein gutes Auge, ein guter Kopf, eine gute Technik, ein guter Servicemann, da muss so viel zusammenpassen."

Über die Leistung des Sohnes als Vierter im Super-G am Donnerstag meinte der Trainervater "super, unerwartet, sehr gut". Wo es in Zukunft hingehen werde, sei momentan schwer einzuschätzen. "Vielleicht entschließt er sich in ein paar Jahren, dass er überhaupt Richtung Speed geht." Der Erfolgshunger sei jedenfalls noch da. "Wenn man ihn sieht, wie er im Slalom von Kranjska Gora im zweiten Lauf attackiert hat, dann sieht man schon, dass er hungrig ist, explosiv ist, aggressiv ist. Das Feuer lodert schon noch gleich."

So wie bei ihm, auch wenn einiges schon nicht mehr ganz so leicht falle wie vor zehn Jahren. "Ich bin 60 Jahre alt. Wenn ich so eine lange Autoreise wie hierher habe, bin ich schon total müde. Ich merke auch, dass ich älter werde. Ob ich so lange dabei bin, wie Marcel seine Karriere geht? Ich hoffe, dass ich dabei sein kann."