Vor dem Start in die Ski-Saison, an deren Ende der Gewinn der fünften großen Weltcupkugel in Folge stehen soll, hat Marcel Hirscher noch Aufholbedarf. Knapp drei Wochen vor dem Auftakt-Riesentorlauf am 25. Oktober in Sölden gestand der 26-jährige Salzburger am Altenmarkter Firmensitz seines Ausrüsters Atomic: "Ich brauche diese 20 Tage bis Sölden, weniger dürften es nicht sein."

Hirscher hat wie schon in der Vergangenheit das Ski-Training auf Schnee über den Sommer weitgehend ruhen lassen und diesmal sogar auf einen Übersee-Trip verzichtet. Im Slalom hat er daher erst drei Tage in den Beinen, im Riesen etwas mehr. Dafür hat er auch schon die Rechnung präsentiert bekommen. Matthias Mayer - für Hirscher ein kommender Weltcupsieger - hat zuletzt das Training im Pitztal dominiert.

Woran es lag, "frage ich mich auch", gab Hirscher zu. "Ich will nicht von Formkrise sprechen, aber es rauchen zumindest die Köpfe", versuchte Hirscher, einen möglichen Rückstand zu erklären. "Ich weiß, so etwas hört man nicht oft von mir. Aber man merkt, ich habe noch nicht recht viel getan."

"Mutiger Plan"

Ganz im Gegensatz zur Konkurrenz offenbar. Denn speziell von den Norwegern Aksel Lund Svindal und Kjetil Jansrud hört man, dass sie wie wild auf Schnee trainieren. "Sie gehen den komplett konträren Weg", weiß Hirscher, der die Konkurrenz stets im Blick hat.

Dem Österreicher ist bewusst, dass sein Plan mit der langen Schnee-Pause "sehr mutig" ist. "Es wird sich herausstellen, ob der Schritt richtig war", erklärte Hirscher, der im Sommer auch noch fast zwei Wochen ans Krankenbett gefesselt gewesen war. "In Summe habe ich einfach zu wenig Schneetage bisher." Kein Sieg in Sölden wäre für ihn deshalb keine Überraschung. "Aber es kann sich schnell alles ändern, und um diese Jahreszeit war ich ohnehin noch nie der Schnellste."

Am Dienstag steht Hirscher, der nach dem Rücktritt von Benjamin Raich nun so etwas wie ein Team-Leader geworden ist, bereits wieder im Mölltal auf den Skiern. Sein Wunsch: Möglichst bald auf einen gut präparierten Rennhang in Sölden fahren zu können. "Jetzt kommen diese Tage. Wenn da alles passt, hätte man sich vorher eh alles sparen können."

Hirscher will keine Kaffeesud-Leserei

In Summe ist der Salzburger also ohnehin im Plan. Ein neues Motto, wie er die fünfte Kugel in Folge holen kann, hat er nicht. "Ich bleibe meinem Schema treu und das heißt Qualität, Qualität, Qualität. Denn so etwas Übergeordnetes wie den Gesamt-Weltcup kann man nicht planen", ist Hirscher überzeugt. Denn: "Ein oder zwei Ausfälle und die Geschichte ist gegessen." Insgesamt sei derzeit die Frage nach dem neuerlichen Weltcup-Gesamtsieg eher Kaffeesud-Lesen.

Die Voraussetzungen auf einen neuerlichen Coup, mit dem er dann von der Anzahl her auch Marc Girardellis Rekord egalisieren würde, sind gegeben. Bei Atomic, wo man dieses Jahr 60 Jahre Firmenbestand feiert, hat man im vergangenen April das neue und direkt an die Fabrik anschließende Atomic Pro Center (APC) fertiggestellt.

Dort wurden am Montag nicht nur erfolgreiche zurückgetretene Athleten wie Raich oder Kathrin Zettel verabschiedet, geehrt und beschenkt, dort ist nun auch für engagierte Amateurrennläufer Rennmaterial verfügbar. Dort finden aber nun auch Asse wie Hirscher alles auf einen Fleck. "Ich komme gerade vom Schuhe Schäumen, es war in einer Viertelstunde erledigt", schwärmte er.

Shiffrin ist zuversichtlich

Was Hirscher beim in Salzburg beheimateten Ski-Unternehmen bei den Herren, ist Mikaela Shiffrin bei den Damen. "Wir wollen mit ihr den Gesamtweltcup gewinnen", machte Geschäftsführer Wolfgang Mayrhofer klar, dass für die Marke aus Altenmarkt das erklärte Ziel ist, dank einer mit der Familie der seit März 20-jährigen Shiffrin entwickelten "Road Map" den "Pott" möglichst bald auch bei den Damen zu gewinnen.

Womöglich noch nicht im kommenden Winter. "Ich habe mich sicherlich im Riesentorlauf erneut verbessert und kann einige hundert Punkte mehr machen", gab sich Shiffrin, die im vergangenen Winter rund tausend Punkte hinter Anna Fenninger geblieben war, aber dennoch zuversichtlich.

Im Vorjahr zeigte die Slalom-Doppelweltmeisterin und Olympiasiegerin mit ihrem Sölden-Sieg auf, dass sie auch im Riesen bereits siegfähig ist. Dann aber hatte sie im Slalom wochenlang Probleme. Eine Situation, die sich nicht mehr wiederholen wird, ist die weiterhin von Kilian Albrecht mitgemanagte Shiffrin überzeugt. "Wir haben alles getan, damit das nicht mehr passiert."