"Je näher der Weltcup-Auftakt Ende Oktober in Sölden kommt, desto mehr stellte ich fest - mir fehlt die nötige Spannung, um im Rennsport ganz vorne dabei sein zu können. Daher trete ich heute vom Leistungssport zurück", erklärte Benni Raich, "ich bin auch nicht mehr bereit, alles für den Sieg zu riskieren." Die Entscheidung hat der Tiroler "vor zwei, drei Wochen getroffen und mit der Familie besprochen".

Der Pitztaler zeigte sich in Wien "extrem dankbar, für die erreichten Erfolge und auch Misserfolge, denn gerade aus den Niederlagen lernt man". Die Begegnungen im Skisport bezeichnet Raich als "extrem wichtig für meine Entwicklung". Was er genau in Zukunft machen wird, weiß der Doppel-Olympiasieger "noch nicht genau. Jetz werde ich zuerst einmal durchatmen und sehnsüchtig die Geburt unseres Kindes erwarten. Dann steht Weiterbildung und Zusammenarbeit mit meinen Partnern auf dem Programm."

Neue Rolle: Familienoberhaupt

36 alpine Weltcup-Siege hat Benjamin Raich auf seinem Konto. Einen 37. wird es nicht mehr geben, denn seine neue Aufgabe ist Familien-Oberhaupt, da ihm seine Ehefrau Marlies, früher Schild, Mitte Oktober zum Vater macht. Darauf bereitet sich der bekennende Familienmensch genau so akribisch vor wie auf seine Ski-Rennen.

Mit dem Pitztaler, der zweifache Olympiasieger (Riesenslalom und Slalom 2006 in Turin), dreifache Weltmeister (Slalom und Kombination 2005 in Bormio, Mannschaft 2007 in Aare) und Gesamt-Weltcupsieger 2005/06 ist, beendet einer der erfolgreichsten österreichischen Ski-Sportler alles Zeiten seine Karriere. Raich hat sich mit seiner Entscheidung sehr lange Zeit gelassen, ging viel in sich und beriet sich immer wieder mit seiner Familie.

Weitere Reaktionen:

Hans Pum (ÖSV-Sportdirektor): "Ich habe insgeheim gehofft, dass er doch noch eine Abschiedstournee startet. Irgendwann ist aber eben Schluss und muss man es auch verstehen und sich mitfreuen. Ich habe in den vielen Jahren wenige Athleten erlebt, die menschlich so beeindruckend waren wie er. Er war in jeder Hinsicht immer fair, dankbar, loyal und verständnisvoll. Er ist ein Vorbild in jeder Hinsicht, so wie er mit Siegen aber auch mit Rückschlägen umgegangen ist. Er hat stets Größe gezeigt, auch wenn er verloren hat. Ich hoffe intensiv, dass er im Skisport bleibt, denn er ist in jeder Hinsicht ein ganz ein Großer."

Florian Raich (Bruder und Trainer): "Es war eine schöne Zeit, wir hatten Erfolge und sind gemeinsam auch durch Tiefen gegangen. Aber wir haben uns immer ausgesprochen. Ich werde mich als Trainer dafür einsetzen, dass wir im Riesentorlauf aufholen. Wir wussten natürlich schon einige Zeit, dass er aufhört, das macht es leichter. Im Winter wird er uns aber immer wieder mal abgehen. Benni war zielstrebig, immer ehrlich zu sich selbst und sucht die Fehler nicht gleich wo anders, sondern fängt stets bei sich an. Das hat er hundertprozentig gelebt."

Andreas Puelacher (Herren-Cheftrainer): "Es ist für uns sehr schade, wenn so ein erfolgreicher Sportler und unser zweitbeste Riesentorläufer aufhört. Mit ihm verlieren wir eine Leitfigur. Aber für ihn ist das total richtig. Diese Lücke können wir derzeit sicher noch nicht füllen. Aber vielleicht tritt einer aus dem Schatten und wird auch eine Persönlichkeit. Wir haben nicht die Masse, aber doch einige Junge. Bennis Diszplin, sein Ehrgeiz, seine Herangehensweise sind so, dass ich sehr hoffe, dass er uns bei den Jungen bei deren weiteren Karriereweg hilft."