Seit dem Dopingskandal in Turin habe er nicht mehr so viele Journalisten gesehen, meinte Peter Schröcksnadelsichtlich überrascht, nachdem das erste Blitzlichtgewitter nach seinem Eintreffen im Hotel Marriott am Ring etwas nachgelassen hatte. Am Mittwochnachmittag habe es in Innsbruck ein kurzfristig anberaumtes, zweieinhalbstündiges Gespräch mit Fenninger gegeben, das auf Vermittlung von Head-Rennchef Rainer Salzgeber zustande gekommen sei, berichtete der ÖSV-Boss. "Er war der Mediator", sagte Schröcksnadel.

Die zweifache Gesamtweltcupsiegerin, die am Donnerstag 26 Jahre wurde, habe sich auch bei ihm entschuldigt, hatte sie ihren Chef in einem Facebook-Eintrag doch u.a. der Lüge bezichtigt. "Es tut ihr leid", sagte Schröcksnadel, der der Olympiasiegerin und Weltmeisterin auch künftig sehr gute Betreuung versprach. "Für mich ist sie eine super Sportlerin, eine nationale Heldin, die eine hohe Leistung gebracht hat. Ich mochte sie immer."

Schröcksnadel musste in das Krankenhaus

Er sei im Internat aufgewachsen und Lügen und Ungerechtigkeiten würden ihn ärgern. Schröcksnadel berichtete, dass ihm die Vorgänge der vergangenen Tage so nahe gegangen seien, dass er sogar im Krankenhaus gelandet sei, weil er auf der linken Seite nichts mehr gespürt habe. "Eine Hochdruckattacke", hätten ihm die Ärzte gesagt, eine alte Verletzung im Nackenbereich habe sich da im Ärger wieder bemerkbar gemacht.

Anfangs sei das Klima im Gespräch mit Fenninger "frostig" gewesen. "Zum Schluss haben wir gesagt: Lieben wir uns? Ja wir lieben uns." Auf die Frage, ob er glaube, dass Fenninger das alles unbeschadet überstehen werde, meinte der 73-Jährige: "Ich werde Anna helfen. Sie wird für euch jetzt nicht erreichbar sein, aber sie wird sich melden", erbat er, die Athletin in den kommenden Tagen in Ruhe zu lassen.

"Ich werde Anna helfen" - Peter Schröcksnadel © APA/HELMUT FOHRINGER

"Kärcher hat ganz Österreich auseinanderdividiert"

Was Fenningers Manager Klaus Kärcher betrifft, so will der ÖSV mit ihm nichts mehr zu tun haben. Er sei kein guter Manager, er habe ganz Österreich auseinanderdividiert, sagte Schröcksnadel. "Wir wollen nicht, dass unsere Aktivitäten und unser System unterlaufen werden." Sollte Kärcher Anna weiterhin beraten, sei das ihre Angelegenheit. Der ÖSV habe ihr aber angeboten, sich um ihre Belange zu kümmern. Kärcher indes teilte per E-Mail mit, dass "Anna Fenninger weiterhin durch die Agentur Vitesse Kärcher vertreten und beraten" werde. Ob der Friede also lange halten wird, sei dahingestellt.

Schröcksnadel selbst hat laut eigenen Angaben seit einem Jahr nicht mehr mit Kärcher geredet. Sportdirektor Hans Pum und Generalsekretär Klaus Leistner waren beim Friedensgespräch am 10. Juni in Salzburg anwesend. In dem wurden laut gemeinsamer Aussendung einen Tag später alle Streitpunkte ausgeräumt, ehe der Start einer Mercedes-Inseratenkampagne mit Fenninger zu Wochenbeginn das Feuer neuerlich anfachte. Denn Mobilitätspartner des ÖSV ist Audi, die Zusammenarbeit mit Konkurrenzprodukten ist Athleten nicht gestattet.

Beide Parteien reichten sich die Hand

Schröcksnadel kündigte Konsequenzen für Fenninger an, Mercedes stoppte noch am Mittwoch die Kampagne, um die sportliche Zukunft der Rennläuferin nicht zu gefährden. Es folgten ein öffentlicher Schlagabtausch zwischen den Anwälten der beiden Parteien, ehe Fenninger nach einem sehr emotionalen und anklagenden Facebook-Posting sogar der Ausschluss aus dem ÖSV drohte.

Und deshalb kam es auch überraschend, dass Schröcksnadel der aufgebrachten Rennläuferin, die für ihre klaren Worte viel Unterstützung bekommen hatte, ebenso wie aber auch der ÖSV für sein System, die Hand reichte. Wahrscheinlichste Variante wäre gewesen, dass der ÖSV Fenninger zwar eine Rennlizenz gegeben hätte, sie sich aber außerhalb des Verbandes alles selbst finanzieren hätte müssen. Das hätte laut Schröcksnadel im Jahr zwischen 400.000 und 600.000 Euro ausgemacht.

Schröcksnadel will Frauen zu Trainerinnen ausbilden

Zur ihm vorgeworfenen Frauenfeindlichkeit meinte Schröcksnadel, dass er derjenige gewesen sei, der den Damenskisport gerettet habe, als diesen keine Skifabrik mehr ausrüsten wollte. Später meinte er auch, dass er aus dem Gespräch aus Fenninger mitgenommen habe, dass man in Zukunft versuchen werde, auch Frauen im Trainerbereich auszubilden. Nur männliche Trainer seien offenbar ein Problem, weil Frauen und Männer eine andere Sprache sprechen. Und was die viel diskutierte Athletenerklärung - sie wird in Medien oft Knebelvertrag genannt - betrifft, meinte er, dass sie zu 90 Prozent den Regeln des Ski-Weltverbandes entspreche.

Zur Sprache brachte Schröcksnadel auch das Sitzungsprotokoll aus dem Friedensgespräch, das laut "WirtschaftsBlatt" nachträglich vom ÖSV verändert worden sein soll. Leistner erklärte, dass es ein normaler Vorgangs sei, ein (von der anderen Partei erhaltenes/Anm.) Protokoll zu korrigieren. Schröcksnadel erklärte zudem, dass nach wie vor wegen des in die Öffentlichkeit gelangten vertraulichen E-Mails von Fenninger an ÖSV-Funktionäre ermittelt werde. "War es einer von uns, fliegt er raus. War es einer von Anna, wird sie die Konsequenzen ziehen."

"Bis zur Nachspeise und dem Kaffee"

Fenningers Engagement für - die von Mercedes unterstützte - Laureus Sport for Good Fundation und Build-an-Ark will der ÖSV nicht unterbinden. Wie Thomas Herzog von Build-an-Ark, das sich u.a. dem Schutz der Geparden widmet, am Donnerstag sagte, habe er von diesem Inserat, auf dem Fenninger und ein Auto zu sehen sind und der Hinweis auf Build-an-Ark klein ausfällt, keine Kenntnis gehabt. Es hätte auch anders ausfallen und Fenninger mit einem Geparden zeigen sollen. Auch habe Mercedes bei Manager Kärcher vor der Veröffentlichung noch nachgefragt, ob das so in Ordnung gehe, erzählte Herzog.

Der ÖSV verfügt über ein Budget von 40 Millionen Euro, 1,6 Millionen stammen aus Förderungen. Der ÖSV sei ein "sozialer Verband", stellte Schröcksnadel fest. Das System beruhe auf Teamsponsoren, mit Einnahmen aus u.a. Alpinsport werden alle anderen Sparten querfinanziert. Vom Training bis zu WM-Beschickungen werde den Athleten alles bezahlt. "Bis zur Nachspeise und dem Kaffee." Das könne nur funktionieren, wenn die Regeln eingehalten werden.