"Wahnsinn. Heute war's echt ein Wahnsinn", jubelte Vonn aber zunächst, als ihr der nächste Streich nach ihrem Comeback gelungen war. Erst Anfang des Monats war die 30-Jährige in Lake Louise ins Weltcupgeschehen zurückgekehrt, seit dem hat sie in vier Speedrennen die Plätze 8, 1, 2, 1 abgeliefert und führt nach ihrem zweiten Abfahrtssieg in Folge bereits wieder souverän in der Spezialwertung. Selbst im Gesamt-Weltcup ist die Amerikanerin hinter der Slowenin Tina Maze und der österreichischen Titelverteidigerin Anna Fenninger nach zehn Rennen bereits Dritte, obwohl sie die ersten vier Rennen ausgelassen hat.

Kein Wunder, dass Vonn in Frankreich von einem vorzeitigen "Weihnachtsgeschenk" sprach. "Denn ich habe schon einen sehr großen Fehler gemacht", analysierte sie ihre Siegesfahrt in Frankreich. "Ich hatte aber viel Speed. Jetzt bin ich sehr happy, einen weiteren Sieg zu haben. Besser könnt es nicht sein."

Vor einem Jahr hatte Vonn auf der OK-Strecke verletzt abschwingen müssen und war von ihrem Freund, dem Golf-Star Tiger Woods aus dem Zielraum geleitet worden. Die nachfolgende, neuerliche Knie-Operation hatte sie um die Chance gebracht, bei Olympia in Sotschi um Gold zu kämpfen.

"Ich habe damals wegen Olympia ziemlich die Nerven weggeschmissen gehabt. Aber ich habe auch viele schöne Erinnerungen an Val d'Isere und die habe ich heute mitgebracht gehabt", erklärte Vonn, die sich wieder einmal über eine kleine Kuh ("So süß") als Siegespreis freuen durfte.

Wegen des Ausfalls für Sotschi hat Vonn beschlossen, bis zu den Spielen 2018 in Südkorea weiterzufahren. Auch ihre Pläne, einmal Rennen gegen Männer zu fahren, hat sie nach der Verletzung nicht aufgegeben, wie sie in Val d'Isere beteuerte. "Aber nicht in meiner derzeitigen Verfassung. Ich muss erst wieder richtig fit werden."

Jedenfalls will sich Vonn in den kommenden Jahren ein Ski-Denkmal setzen. Den nächsten ganz großen Schritt in diese Richtung kann sie am Sonntag im Super-G tun. "Es wäre ein Traum. Ich werde alles geben, damit der momentane Rhythmus weitergeht und ich am Sonntag hoffentlich ein weiteres schönes Geschenk bekomme. Ich habe wieder das Selbstvertrauen wie vor zwei Jahren", sagte sie.

Da war Vonn Seriensiegerin gewesen, ehe sie sich im Februar 2013 bei der WM in Schladming erstmals eine schwere Knieverletzung zuzog. Es war damals ein - umstrittener - Super-G gewesen. Am Sonntag könnte sie genau in dieser Disziplin mit dem 62. Weltcupsieg einen historischen Erfolg und Wiedergutmachung feiern.

Die zahlreiche Konkurrenz hat da von Maze abwärts freilich etwas dagegen. Auch die Abfahrts-Zweiten Elisabeth Görgl ("Ich werde attackieren, ich hoffe das ist schnell") und Viktoria Rebensburg ("Der Super-G ähnelt dem Riesentorlauf, da habe ich wieder Chancen") sowie Fenninger. Die Salzburgerin ist im Super-G Olympiasiegerin und hat sich vorgenommen: "Ich muss mich ans Limit herantasten, davon bin ich derzeit weit weg."