Zu Ihrem 30. Geburtstag haben Sie sicherlich nur einen einzigen Wunsch...

INGRID RUMPFHUBER: ...und der ist nicht schwer zu erraten.

Dass Ihr Freund Hans wieder gesund wird. Das Leben hat Ihnen schon so viele Hürden in den Weg gestellt: Ihr Vater stürzte 2002 in Bad Ischl beim Schifahren in den Tod, Ihre Mutter erlitt 2003 einen Schlaganfall. Wie meistern Sie all diese Schicksalsschläge?

RUMPFHUBER: Wenn man in solchen Situationen ist, muss man sich stellen, ob man will oder nicht. Man muss. Klar besteht die Gefühlswelt aus Angst, Sorge, Verzweiflung, auch jetzt wieder. Aber ich habe bei meiner Mama gesehen: Auch wenn das Hirn viel abbekommt, kann es wieder sehr viel lernen. Jetzt ist sie bei mir, ist Köchin, Chauffeurin, Psychologin, hilft mir unglaublich. Die ganze Familie von Hans, die Geschwister, sind immer wieder da. Ich bekomme so viele aufmunternde SMS, E-Mails, Briefe, das gibt so viel Kraft, dafür möchten wir uns alle sehr bedanken.

Wie haben Sie den Sturz von Hans miterlebt?

RUMPFHUBER: Ich war auf der Uni in Innsbruck, hab' mir vor einem Seminar den Hans in der Bibliothek auf einem Livestream im Internet angesehen. Als er stürzte, war ich ziemlich fertig. Die Tragweite des Unfalls hab' ich noch nicht erkannt, aber gesehen, dass er bewusstlos war. Man denkt sich nur: Nein! Nein! Nein! Ich stand völlig neben mir, bin regelrecht zusammengebrochen. Ich hab' mich bei den Trainern informiert, was mit ihm geschieht -und bin sofort in die Uniklinik, wo mir langsam klar geworden ist: Er wird notoperiert, er schwebt in Lebensgefahr.

Diese ist zum Glück gebannt. Aus dem Tiefschlaf ist er erwacht. Was waren seine ersten Worte, hat er Sie gleich erkannt?

RUMPFHUBER: Er erkennt alle, mich auch. Wo er ist, weiß er aber meistens nicht. Man darf sich ja nicht vorstellen, dass er plötzlich munter wird, die Augen öffnet und ,Hallo' sagt. Er war wirr, er sagt ein bisserl etwas; aber normale Gespräche sind noch nicht möglich. Der Aufwachprozess dauert viele, viele Tage. Schrittweise geht es vorwärts.

Wo sehen Sie sich und Ihren Freund in einem Jahr?

RUMPFHUBER: Mir gelingt es zum Glück ganz gut, nicht einmal daran zu denken, was in drei Tagen ist. Ich nehme das Jetzt so, wie es ist, alles andere beschäftigt mich nicht. Aber ich werde im Studium ein Semester pausieren. Denn ich muss klar sagen, auch wenn viele Leute glauben und hoffen: Es ist nicht so, dass mit Hans in zwei Wochen alles gut ist. Das wird ganz lange dauern. Er muss diesen Weg gehen, ich kann ihn begleiten und werde ihm helfen. Viele wollen alles durch die rosarote Brille sehen. Aber es viel zu früh um zu sagen: Alles wird gut.

Die Sicherheitsthematik wurde neu entfacht. Sie haben schon vor Jahren gewarnt, dass die Schi immer aggressiver werden und man schon beim kleinsten Fehler wahnsinnig abhebt. Geändert hatte sich nichts. Wie sehr bewegt man sich über dem Limit?

RUMPFHUBER: Ganz ehrlich, auch wenn es hart klingt: Wenn das mit Hans nicht passiert wäre, würde man wieder nichts weiter überlegen. Wenn jetzt über Airbags diskutiert wird, ist das ja nicht die Lösung des Problems. Man müsste das Grundproblem lösen, nicht immer nur die Auswirkungen. Das ginge wohl mit einer Kombination aus einer Reduktion der Geschwindigkeit und weniger aggressivem Material. Hier gäbe es sehr wohl Wege. Aber ich habe nie einen Schuldigen gesucht.

Ihre Schikarriere, die Sie zu einem sechsten Abfahrts-Platz geführt hat, haben Sie bereits als 28-Jährige beendet. Was war der ausschlaggebende Grund?

RUMPFHUBER: Es war schifahrerisch meine schlechteste Saison, mit dem Erfolg ist Motivation da, umgekehrt nicht. Es war gescheiter so - und eine gute Entscheidung.