Das Papiertaschentuch, welches Marlies Schild zwischenzeitlich gereicht wurde, blieb auf dem Tisch neben den vielen Mikrofonen zurück. Es wurde auch nicht mehr gebraucht. Die Tränen waren getrocknet, das Klicken der Fotoapparate verstummt und die Scheinwerferlichter der Kameras erloschen.

Einzig die Frage, ob Österreichs Slalom-Königin ihre von reichlich Verletzungen gebremste Ausnahmekarriere fortsetzen zu gedenkt, schwebte noch in den Räumlichkeiten des Innsbrucker Sanatoriums Kettenbrücke. "Es ist jetzt nicht die Zeit, darüber konkret nachzudenken. Ich will erst einmal zur Ruhe kommen. Ich will Weihnachten feiern und dann alles unternehmen, um wieder topfit zu werden", hatte die 31-Jährige Minuten zuvor gemeint und vielsagend ergänzt. "Ich liebe die Herausforderung und ich habe schon ein paar Mal bewiesen, dass ich solche Rückschläge bewältigen kann."

Im Vergleich zu ihren fünf Kreuzbandoperationen und den 2008 erlittenen Trümmerbruch im Schien- und Wadenbein sei der am Vortag vom Chirurgen-Duo Gernot Sperner und Karl Golser geflickte Riss des inneren Seitenbandes halb so schlimm. "Peanuts", wie Marlies Schild meinte. Beinahe lachhaft, wenn es nicht zum Weinen wäre, jetzt, 43 Tage vor der Heim-Weltmeisterschaft in Schladming. Dort, wo die beste Slalom-Läuferin der Welt nur zu gerne ihren WM-Titel von Garmisch-Partenkirchen verteidigt hätte.

Wieder einmal Therapie

Stattdessen heißt es wieder einmal Therapie. Wieder einmal Krücken. Sechs Wochen bleibt das operierte Knie geschient, ab Woche vier kann mit der stufenweisen Beugung begonnen werden. Eine Rückkehr auf die geliebten Brettln wird erst in drei Monaten möglich sein.

Die gute Nachricht seitens des Chirurgen-Duos: "Wir erwarten eine völlige Ausheilung der Verletzung. Und beim arthroskopischen Eingriff haben wir mit Ausnahme eines nicht ganz frisch abgesprengten Knorpelfragments ein sehr schönes Knie mit intakten Bandstrukturen vorgefunden."

Dass Schild bei ihrem verhängnisvollen Trainingssturz in Aare nach einem grippalen Infekt nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte gewesen sein könnte, dementierte sie mit einem energischen Nein. "Ich war topfit, hatte eine Super-Körperspannung und bin zweieinhalb perfekte Slalom-Läufe gefahren."

Ein Eindruck, den ÖSV-Damenchef Herbert Mandl teilte. "An sich war es eine harmlose Situation. Marlies ist schon wieder forsch unterwegs gewesen und beim Hinfallen hat es ihr leider den Ski gefangen." Der Verlust für die Mannschaft sei insbesondere in Hinblick auf Schladming ein schwerer: "Aber in erster Linie tut es mir leid für Marlies, die sich schon so oft tapfer zurückgekämpft hat." Und man darf getrost davon ausgehen, dass ihr 35. Weltcup-Erfolg am 11. Februar in Andorra nicht ihr letzte gewesen sein wird.