Marcel Hirscher ist am Dienstagabend zum Sieg im alpinen Ski-Weltcup-Nachtslalom in Madonna di Campiglio geflogen. Der Salzburger markierte im Flutlichrennen zweimal Laufbestzeit und gewann überlegen 1,67 Sekunden vor dem Deutschen Felix Neureuther. Die Sensation des Abends war der Japaner Naoki Yuasa, der trotz enormer Bandscheibenprobleme im Finale vom 26. auf den dritten Platz fuhr (+ 2,28 Sekunden).

Hirscher sorgte damit auch für den zweiten Sieg der ÖSV-Herren im WM-Winter, den ersten hatte er am 9. Dezember im Riesentorlauf in Val d'Isere eingefahren. Der 23-Jährige ist zudem auch im siebenten Technikrennen der Saison aufs Podest gefahren, damit stellte er den 21 Jahre alten Startrekord des einstigen Madonna-Helden Alberto Tomba ein. Zum Drüberstreuen gab es für Hirscher auch noch die Führung im Slalom-Weltcup.

Vor den Augen von Tomba endete der Abend für die zur Halbzeit auf den Rängen drei bis fünf lauernden italienischen Hausherren glücklos. Manfred Mölgg wurde Fünfter, Cristian Deville und Giuliano Razzoli schieden aus. Bei den Österreichern schaffte es außer Hirscher nur noch Reinfried Herbst als Siebenter in die Top-Ten, Punkte gab es auch noch für Benjamin Raich (Zwölfter), Manfred Pranger (17.) und Wolfgang Hörl (24.).

54 Punkte Rückstand auf Svindal

Der Norweger Aksel Lund Svindal geht zwar mit 640 Punkten als Leader im Gesamt-Weltcup in die kurze Weihnachtspause, Titelverteidiger Hirscher hat aber nur noch 54 Punkte Rückstand. 23 Zähler hinter Hirscher lauert der US-Amerikaner Ted Ligety, der in Madonna Neunter wurde.

Auf dem Weg zu seinem 14. Weltcup-Erfolg kannte Hirscher kein Taktieren. "Ich habe sehr viel riskiert und auch sehr viel Glück gehabt. Es war wirklich anstrengend heute", meinte Hirscher. Madonna, wo erstmals seit 2005 gefahren wurde, hat Hirscher logischerweise gleich bei seinem Debüt ins Herz geschlossen: "Wenn man das richtige Setup hat, dann ist es richtig geil hier. Es war voll cool." Den Hut zog Hirscher vor dem drittplatzierten Japaner Yuasa, der im Ziel kaum gehen konnte. "Das ist ein echter Kämpfer", meinte Hirscher.

Ob Hirscher nun am Donnerstag auch beim hoch dotierten Einladungsrennen in Paganello startet, ist noch offen. "Schauen wir einmal, das hängt von der Tiefe der Augenringe ab", meinte Hirscher vor der Siegerparty, bei der er auch mit seiner mitgereisten Freundin Laura anstoßen durfte.

Grund zur Freude hatte auch Herbst nach seinem zweiten Top-Ten-Ergebnis in diesem Winter. Seine Vorfreude aufs Madonna-Comeback wurde bestätigt. "Das ist und bleibt einfach ein traumhafter Klassiker. Nach meinen zwei Operationen bin ich mit meiner Leistung natürlich zufrieden, es geht was weiter. Die wilden Hunde sind mir aber noch ein bisschen zu schnell", bilanzierte Herbst, der über seinen siegreichen Teamkollegen meinte: "Marcel reitet auf einen großen Erfolgswelle. Er strahlt eine enorme Sicherheit aus."

Licht am Ende des Tunnels sieht der die Form suchende Raich. "Da waren heute ein paar Lichtblicke dabei. Ein paar Kurven bin ich sehr gut gefahren", berichtete Raich. Einen etwas verunsicherten Eindruck machte Manfred Pranger, der auf der eisigen Piste nicht wirklich zurechtkam.

"Eigentlich bin ich voller Zuversicht ins Rennen gegangen, ich war richtig gut drauf. Aber ich wollte es dann mit der Brechstange erzwingen und bin mit einer viel zu breiten Skistellung gefahren. Ich hab dadurch keinen Grip aufgebaut", ärgerte sich der Tiroler über seine ungestüme Fahrweise. "Jetzt heißt es über Weihnachten die Lockerheit finden und zur schmalen Skiführung zurückzukehren."

Pech für Matt

Bei der Skiwahl vergriffen hat sich Mario Matt. Der Madonna-Sieger 2000 hatte in den vergangenen Rennen mit zu aggressiver Materialabstimmung zu kämpfen gehabt und wollte diese nun entschärfen. "Leider war es scheinbar zu viel. Es war mühsam, ich hab mich nur runtergequält", berichtete der Tiroler, der als 37. die Final-Qualifikation verpasste. Um einen Platz besser als Matt, aber ebenfalls im zweiten Lauf nicht mehr dabei, war Rainer Schönfelder als 36.

ÖSV-Herren-Cheftrainer Mathias Berthold war nach dem zweiten Saisonsieg natürlich erleichtert: "Der zweite Durchgang war ein Wahnsinn. Da ist man natürlich nervös bis zum Gehtnichtmehr. Vor allem, wenn er (Hirscher, Anm.) so andrückt, das ist gewaltig." Zufrieden war der Vorarlberger auch mit Herbst: "Der kommt schön langsam Schritt für Schritt zurück." Raich fahre noch "ein bisschen mit angezogener Handbremse".

Das konnte man vom Japaner Yuasa nicht behaupten. Sein Tiroler Trainer Christian Leitner wollte ihm aufgrund der Rückenprobleme eigentlich ein Startverbot verpassen. "Er schaut aus, als ob ihm Mike Tyson eine gegeben hätte, er hat sogar Schmerzen beim Atmen. Aber er ist 29 Jahre alt und muss selbst zum Arzt gehen", meinte Leitner.