Christof Innerhofer hat am Freitag die klassische Herren-Abfahrt in Beaver Creek gewonnen. Der Super-G-Weltmeister aus Südtirol setzte sich 0,23 Sekunden vor Topfavorit Aksel Lund Svindal und 0,50 vor dessen norwegischem Landsmann Kjetil Jansrud durch. Österreichs Abfahrer blieben nicht nur seit 2007 auf der Birds-of-Prey-Piste sieglos, sie verpassten sogar das Podest. Dem am nächsten kam überraschend Florian Scheiber, der mit Startnummer 42 Vierter wurde und um nur 0,10 am Stockerl vorbeiraste.

Drei Fahrer in Top-Ten

Mit dem 25-jährigen Europacup-Gesamtsieger Scheiber, Georg Streitberger (6.) und Klaus Kröll (9.) brachte der ÖSV wenigstens drei Fahrer in die Top-Ten. Die hohen Erwartungen im rot-weiß-roten Abfahrtslager erlitten aber dennoch einen Dämpfer, denn nach den Plätzen zwei (Max Franz ) und drei (Kröll) in Lake Louise sowie den starken Zeiten im Beaver-Training hatte man zumindest auf einen weiteren Podestplatz gehofft.

Die anspruchsvolle Raubvogelpiste erlaubte aber auch diesmal kein "Wunschkonzert", zudem begann es für den ÖSV mit dem Ausfall von Max Franz denkbar schlecht. Der junge Kärntner geriet im Steilhang in Innenlage und wurde dafür im Streckenteil "Basketball" gnadenlos abgeworfen. "Das war eine Todsünde von mir, das hätte nie passieren dürfen", ärgerte sich das 23-jährige Supertalent aus Weißbriach.

Ein Fehler in der Steilhang-Ausfahrt hatte Franz zu noch mehr Risiko veranlasst. Ein doppelter Fehler, wie er schnell erkennen musste. "Ich habe etwas getan, was man in der Abfahrt einfach nicht machen darf. Der Ärger ist riesengroß, denn ich fühle mich im Moment sehr gut", sagte Franz. "Wenn du in dieser Abfahrt nur eine Sekunde nicht voll bei der Sache bist, wirft sie dich ab."

Scheiber als "Rausreißer"

Der Steilhang wurde vor den Augen von ÖSV-Sportdirektor Hans Pum und Zaungast Bode Miller ("Ich kehre erst zurück, wenn ich wieder siegen kann") dann auch zum Schicksal fast aller Österreicher. Nach sehr guten Zeiten im oberen Gleitteil verloren praktisch alle im technisch anspruchsvollen Teil. "Viele kleine Fehler, ich bin mit dem Ergebnis aber zufrieden", sagte etwa Streitberger.

Auch Mitfavorit Kröll gab sich wegen der langen Pause nach seiner Motocross-Verletzung gefasst. "Es war viel schwieriger als im Training. Ich bin wegen der Schläge nie auf Zug gekommen", sagte der Steirer, der im ersten Training Bestzeit gefahren war. "Die Top Ten waren aber mein Ziel, also bin ich zufrieden."

Völlig unerwartet wurde am Freitag Scheiber zum "Rausreißer" für die ÖSV-Abfahrtstruppe. Im Training nie besser als 18., überraschte der 25-Jährige aus Sölden alle. Vor allem auch sich selbst. "Das ist völlig unglaublich. Ich war in jedem Training weit hinten. Dann habe ich mir im Video die Linie einiger Favoriten angeschaut und im Steilhang voll riskiert. Das ist heute aufgegangen", sagte der Tiroler, der noch zu aktiven Zeiten seines Namensvetters Mario Scheiber als nächste große Hoffnung gegolten hatte. Ein Wadenbeinbruch und zwei Meniskusverletzungen warfen "Flo" aber weit zurück.

Für Scheiber war Platz vier nicht nur das beste Weltcup-Ergebnis, der Söldener kassierte mit umgerechnet 5800 Euro auch sein höchstes Preisgeld. Der Tiroler hatte sich nach seinen zahlreichen Verletzungen vergangenen Winter über den Europacup zurückgekämpft und am Saisonende als 22. beim Super-G in Kvitfjell sein bis vergangene Woche bestes Ergebnis im Weltcup erzielt. Schon in Lake Louise hat Scheiber vor einer Woche als Abfahrts-Elfter bewiesen, dass er "zurück" ist. "Ich bin erstmals seit drei Jahren wieder fit, hatte einen Super-Sommer", erklärte der Söldener.

Weil er diesen Winter als Europacup-Gesamtsieger die Startberechtigung in allen Weltcup-Disziplinen hat, wird Scheiber in Beaver Creek auch noch den Super-G und am Sonntag den Riesentorlauf bestreiten. "Mir geht zwar die Kraft schon etwas aus, aber die zwei Tage beiße ich noch durch", sagte Scheiber. "Platz vier in der Abfahrt kommt wirklich überraschend. Mein Ziel war, zu punkten."

Stechert als Pechvogel

Das höchste Preisgeld in Beaver Creek ging am ersten von drei Renntagen nicht an Topfavorit Svindal ("Ich habe bald gespürt, dass das heute nicht gut genug ist. Mit Platz zwei bin ich dennoch zufrieden"), sondern an Innerhofer. "Ein Wahnsinn. Ich war in Lake Louise noch so weit weg", jubelte der seit seinem WM-Titel von Stürzen und Verletzungen gebeutelte Südtiroler über seinen vierten Weltcupsieg. Sein Erfolgsgeheimnis: "Ich habe versucht, locker zu bleiben. Ich bin am Start gestanden wie beim Training."

Pechvogel des Tages war der Deutsche Tobias Stechert. In Kanada noch Überraschung-Fünfter, stürzte Stechert diesmal und wurde mit Verdacht auf eine neuerliche Kreuzbandverletzung mit dem Akja ins Tal gefahren.