Gerald Melzer steht zum ersten Mal in seiner Karriere im Viertelfinale eines ATP-Turniers. Vor dem Duell mit Dominic Thiem sprach der 24-Jährige mit tennisnet.com über seine sportliches Ziele, seinen Trainer Markus Hipfl und warum es nicht sein oberstes Ziel ist, Bruder Jürgen zu übertreffen.

Man hat bei Dir von vielen deiner Leistungen her das Gefühl, dass du den Top 100 immer näherkommst. Was fehlt Dir noch dazu, außer mehr Punkte?
MELZER: Na ja, es war so, dass ich im letzten Jahr im Frühjahr viele Punkte gemacht habe – bis zu den French Open, wo ich mich dann am Rücken verletzt habe. Bis zum Ende des Jahres habe ich dann nix mehr gewonnen und nur noch ein Viertelfinale gespielt. Und jetzt habe ich eben alle diese Punkte zu verteidigen gehabt, und obwohl ich in Süd- und Mittelamerika weit über 100 Punkte gemacht habe, bin ich trotzdem im Ranking zurückgefallen. Ich denke, wir sind aber auf einem richtigen Weg. Wenn ich es schaffe, jede Woche meine Leistung zu bringen, wird sich das früher oder später auch bezahlt machen. Wir haben das Hauptfeld bei den Australian Open 2016 im Visier. Das wäre das Ziel.

Du hast es schon angesprochen: „Wir sind auf einem richtigen Weg“ – wir, das sind seit bald einem Jahr Markus Hipfl und du. Wie resümierst Du über diese Zeit bisher?
Melzer: Ja, es ist fast ein Jahr, seit den French Open 2014. Dort habe ich mit ihm begonnen und war dann leider gleich verletzt und war es auch danach immer wieder. Wir sind daher und wegen der Turniere nie so richtig zum Trainieren gekommen. Aber wir haben dann im Winter in der Südstadt gut gearbeitet, ich glaube, ich habe mich wirklich gesteigert und ich bin ein besserer Tennisspieler geworden. Die Zusammenarbeit funktioniert gut, ich glaube, wir werden noch viel Freude haben.

Wo siehst Du derzeit die größten Baustellen in deinem Spiel?
Melzer: Ich muss einfach schauen, dass ich meinen Level übers ganze Match hin halte und nicht nur phasenweise gut spiele. Ich muss die Intensität und meine Konzentration aufrechthalten, und zwar vier bis fünf Matches in einer Woche – nicht nur über ein, zwei gute Matches. Es geht um die Konstanz und konsequenter zu werden.

Du wirst heuer 25 und die Latte innerhalb der Familie liegt natürlich hoch. Auch wenn Du derzeit vielleicht nicht in der Position bist, an so etwas zu denken: Wie erreichbar ist diese Latte dennoch? Lässt sich Jürgens Erfolgsgeschichte innerfamiliär toppen?
Melzer(lacht) Darüber mache ich mir selber relativ wenig Gedanken. Ich kann damit leben, wenn ich nicht Top Ten werde.

Worüber machst Du dir dann Gedanken?
Melzer: Ich werde immer mit ihm verglichen, ich selbst tue das nicht. Wie weit die Reise einmal geht, das weiß ich nicht. Mein erstes Ziel ist aber nicht, Nummer acht der Welt zu werden.

Im Daviscup gegen Schweden zeigtes Du ein tolle Leistung. Rechnest Du jetzt im Juli gegen die Niederlande auch mit einer Einberufung?
Melzer: Das kommt auf unsere Nummer eins an (Dominic Thiem; Anmerkung). Ich bin nicht in der Position, um Töne zu spucken. Es kommt drauf an, ob Dominic spielt oder nicht. Wenn er spielt, rechne ich nicht damit.

Dass der Davis Cup in Kitzbühel stattfindet, schmeckt zumindest einem Melzer, auch wenn er hier schon mal im Finale war, aufgrund der schwer zu spielenden Höhenlage wohl nicht besonders. Und Dir?
Melzer: Ich persönlich spiele eigentlich gerne auf Höhenlage. Warum auch immer ich in Kitz bisher nicht gut gespielt habe – ich weiß es nicht, vielleicht bin ich mit dem Druck daheim nicht gut umgegangen. Die Frage ist nur, wie gut es gegen jemanden ist, der hier zwei Mal gewonnen hat (Robin Haase; Anmerkung).

Wie sehr wurde dabei mit den Melzers Rücksprache gehalten? Jürgens Wunsch war’s ja mal sicher nicht…
Melzer: Alleine aufgrund des Gegners, den Niederlanden, war für das Team in Schweden klar, dass wir nicht in Kitzbühel spielen wollen. Sondern dort, wo wir die beste Siegchance haben.