Novak Djokovic könnte als erster Spieler seit 43 Jahren, also seit dem legendären Australier Rod Laver, alle vier Majors gleichzeitig halten. Und Rafel Nadal geht bereits auf seinen siebenten Titel in Roland Garros los, womit er Björn Borg (SWE/6) endgültig übertrumpfen würde. Für Spannung ist jedenfalls gesorgt, Nadal hat Djokovic zuletzt in Monte Carlo und Rom auf Sand jeweils in zwei Sätzen bezwungen.

Nach seinem überraschend glatten 6:4,7:5,6:3-Halbfinal-Erfolg über Roger Federer war der "Djoker", wie er auch genannt wird, freilich sehr zufrieden. "Ich glaube, das war mein bestes Match im diesjährigen Turnier, also habe ich mein Spiel wirklich gesteigert, als es nötig war", sagte Djokovic. Im Endspiel ist aber Nadal der Favorit. Nicht wegen der knapp positiven Gesamtbilanz gegen den Serben (18:14-Siege), sondern wegen seines bisher makellosen Auftritts beim zweiten Grand-Slam-Turnier des Jahres. Ohne Satzverlust ist der Weltranglisten-Zweite aus Mallorca in seinen bisher sechs Spielen weitergekommen, ganz im Gegensatz zu Djokovic.

"Um jeden Ball kämpfen"

Der bisher fünffache Major-Sieger stand auf dem Weg in sein achtes Grand-Slam-Finale zweimal vor dem Aus: Völlig überraschend lag er im Achtelfinale gegen Andreas Seppi (ITA) mit 0:2-Sätzen zurück. Im Viertelfinale gegen Jo-Wilfried Tsonga musste Djokovic gar vier Matchbälle abwehren, ehe er ebenfalls in fünf Sets weiterkam. Nadal kommt also weit ausgeruhter in die Entscheidung. Doch darauf will er sich nicht verlassen. "Die Erfahrung zeigt mir, dass du verlieren kannst, wenn du fantastisch spielst und gewinnen kannst, wenn du nicht so gut spielst. Man muss ruhig und mit den Füßen auf dem Boden bleiben und um jeden Ball kämpfen", sagte der "Sandplatz-König", der bereits auf seinen elften Major-Titel losgeht.

Schafft dies Nadal, dann zieht er übrigens mit Laver und Borg gleich. Mehr als elf Grand-Slam-Einzel haben bei den Herren nur Roger Federer (16), Pete Sampras (14) und Roy Emerson (12) gewonnen. Der seit kurzem 26-jährige Spanier hat es in der Hand, auch all diese Größen noch zu übertreffen. Für Nadal bedeutet die neuerliche Teilnahme vor allem "dass ich gut spiele. Ich habe mich seit vergangenem Jahr verbessert und es läuft für mich seit Beginn des Jahres besonders gut."

Willenskraft nicht unterschätzen

Natürlich will keiner der Final-Protagonisten die Favoritenrolle auf sich nehmen. So auch nicht der Weltranglisten-Erste, der den Tennis-Thron auch im Falle einer Final-Niederlage nicht räumen muss. "Rafa ist heute sehr beeindruckend gewesen, er hat an allen Tagen seine bestes Tennis gezeigt. Es ist er, der der Favorit im Finale ist", sagte Djokovic. Nadal hat die Sandplatz-Saison dominiert und auch in Monte Carlo, Barcelona und Rom jeweils ohne Satzverlust triumphiert. Der Ausflug auf die blaue Asche in Madrid war die Ausnahme, doch waren dort die Bedingungen ganz anders als auf rotem Sand.

Die Willenskraft eines Novak Djokovic wird Nadal allerdings nicht unterschätzen. Denn gerade seine beiden so knappen Siege haben ihn vielleicht auch das nötige Selbstvertrauen in engen Situationen gegeben. "Ich muss konstant auf sehr hohem Level spielen, um hier ein Fünf-Satz-Match gegen Nadal zu gewinnen. Es wird die ultimative Herausforderung", sagte Djokovic. Gewinnt der gebürtige Belgrader, dann rutscht Nadal im ATP-Ranking übrigens hinter Federer auf Platz 3 zurück.