Titelverteidiger Rafael Nadal hat heuer nicht nur zum achten Mal in Monte Carlo (in Folge), zum siebenten Mal in Barcelona und zum sechsten Mal in Rom gewonnen. Jetzt möchte der 25-jährige Sandplatz-König auch Björn Borg endlich hinter sich lassen, und als erste Spieler überhaupt sieben Titel in Roland Garros holen.

"Ich denke nicht, dass ich so gut war", spielte Nadal nach seinem Rom-Erfolg vergangenen Montag über Djokovic den Ball flach. "Ich kann mich immer noch verbessern, aber ich hatte eine bessere Sandplatz-Saison abgesehen vom dem Fehler in Madrid", erinnerte der Spanier einmal mehr an den von ihm ungeliebten blauen Sand. Doch im Gegensatz zum Vorjahr, als Novak Djokovic nach seiner sensationellen Serie der Topfavorit auf seinen ersten Titel im Bois de Boulogne war, kann Nadal seine Favoritenrolle diesmal nicht abstreifen.

Bleibt Favorit

Nadal hat in Paris seit 2005 außer im Jahr 2009 (Achtelfinal-Aus gegen Robin Söderling) immer gewonnen. Nicht zuletzt deshalb stellt selbst Weltranglisten-Leader Novak Djokovic den Mallorquiner über alle anderen. "Es mag schon sein, dass ich ihn sieben Mal in Folge geschlagen habe, aber auf Sand wird er immer der Favorit bleiben. Er ist einfach der beste Spieler der Welt auf diesem Belag", sagte Djokovic nach der Final-Niederlage in Rom.

Andererseits geht es auch für den Serben um viel. Schon nach seinem Sieg bei den Australian Open hatte er sein großes Grand-Slam-Ziel für 2012 herausposaunt: "Ich möchte in Paris zumindest zum ersten Mal ins Endspiel kommen." Doch eigentlich will er den Titel. Es wäre nicht nur die Vollendung seines "Karriere-Grand-Slam", sondern auch des aktuellen. Gewinnt Djokovic erstmals im Westen der Seine-Stadt, dann hält er alle vier Majors gleichzeitig.

Gegen diese beiden Protagonisten werden sich freilich alle 126 weiteren Herren aufbäumen, allen voran Roger Federer und Andy Murray. Federer hat vor drei Jahren den Fehltritt Nadals genützt, und seine Erfolgslücke in Paris gefüllt. Mit dem Sieg in Madrid hat er auch gezeigt, dass er heuer wieder zu den Anwärtern zählt. Murray hingegen hat in diesem Jahr auf Sand bisher enttäuscht, schied in Monte Carlo und Barcelona jeweils im Viertel-, in Rom gar schon im Achtel-Finale aus. Da scheinen Tomas Berdych (CZE) und David Ferrer (ESP) derzeit gefährlicher zu sein.

Bei den Damen hat die Dominatorin der ersten Monate und Nummer 1 der Welt, Wiktoria Asarenka, zuletzt kleine Kratzer in ihrer dennoch eindrucksvollen Erfolgsbilanz hinnehmen müssen: Mit 26 Siegen in Serie und Titeln in Sydney, bei den Australian Open, Doha und Indian Wells erreichte sie in Stuttgart und Madrid zwar jeweils das Endspiel, musste sich aber Maria Scharapowa bzw. Serena Williams jeweils beugen. Zuletzt in Rom gab sie vor ihrem zweiten Einsatz wegen einer Schulterverletzung w.o.

Sandplatz-Tipps

Das war wohl eine ähnliche Vorsichtsmaßnahme wie das Nichtantreten von Serena Williams im Rom-Halbfinale wegen einer leichten Rückenblessur. Doch nun ist die Weißrussin sehr fokussiert und hat auch eine "French Connection", die ihr wohl einige Sympathien beim Pariser Publikum bringen wird. Asarenka holte sich für einige Wochen die frühere Nummer 1, Amelie Mauresmo, für spezielle Sandplatz-Tipps ins Team. Ihre bisher besten Auftritte in Roland Garros (zwei Viertelfinali 2009 und 2011) sollte sie überbieten können.

Neben ihr sind aber auch Serena Williams, die das zweite Major des Jahres vor zehn Jahren einmal gewonnen hat, und Australian-Open-Finalistin Maria Scharapowa echte Sieganwärterinnen, nicht zu vergessen die Sensationssiegerin des Vorjahres: Li Na hat im Madrid-Viertelfinale erst gegen Asarenka, in Rom erst im auf hohem Niveau stehenden Endspiel gegen Scharapowa verloren. Das Leben der Chinesin, die als erste Asiatin überhaupt ein Grand-Slam-Turnier gefeiert hatte, hat sich seither drastisch verändert. "Ich bin bis zum Hals in Anfragen und Wünschen gesteckt. Einmal habe ich gedacht, vielleicht sollte ich einfach zurücktreten. Ich konnte mich auf dem Platz nicht mehr konzentrieren", gestand Li einmal.

Doch nun wird sie wohl mit mehr Routine an die Sache herangehen. Mit Li's Gegnerin im Vorjahresfinale, Francesca Schiavone, muss man diesmal nicht wirklich rechnen. Die Überraschungssiegerin von 2010 hat bei vier Sandturnieren nur eine zweite Runde zu Buche stehen. Die Einzel-Sieger der French Open dürfen sich übrigens über je 1,25 Mio. Euro freuen, für den Finaleinzug gibt es 625.000.