Die erst 20-jährige Äthiopierin Shuko Genemo hat am Sonntag in 2:24:31 Stunden mit der zweitbesten Frauen-Zeit der Wien-Marathon-Geschichte für das Highlight der durch kühle Temperaturen und starken Wind beeinflussten Veranstaltung gesorgt. Männer-Sieger wurde der Kenianer Robert Chemosin in 2:09:48. Der Oberösterreicher Valentin Pfeil verpasste als 13. in 2:16:37 das Olympialimit deutlich.

"Es war ein Tag, an dem viele Träume weggeblasen wurden. Es war auch kalt. Es gibt ein paar Läufer, die Olympia-Limits erreicht haben, aber viele sind auf der Strecke geblieben", fasste Athletenkoordinator Mark Milde zusammen. "Wir haben ein spannendes Rennen bei den Männern gesehen, das war die Zielsetzung. Und das haben wir auch sehr gut hinbekommen. Die Jungs hatten mehr Potenzial als 2:09, aber wenn die Bedingungen so schlecht sind, wird es irgendwann taktisch, und man denkt mehr an die Preisgelder, als an die Zeiten."

Genemo setzte sich mit einer eindrucksvollen Leistung vor ihrer Landsfrau und Debütantin Ruti Aga (2:25:27) und der Kenianerin Doris Changeywo (2:31:50) durch, als beste Österreicherin erreichte Karin Freitag als 13. in 2:43:25 das neue Ziel vor dem Burgtheater. "Es war sehr kalt und anstrengend", sagte Genemo, die nun bereits sechs Marathons absolviert hat. Olympia in Rio ist kein Thema für sie, dafür ist eine Zeit von 2:20 notwendig. Bei besseren Bedingungen hätte sie sich am Sonntag eine Zeit von 2:22 zugetraut.

Bei kühlen Temperaturen von nur acht Grad lief die Frauenelite wie geplant auf den Streckenrekord der Italienerin Maura Viceconte von 2:23:47 Stunden aus dem Jahr 2000 los. Beim Halbmarathon (1:12:10) hatte sich das Feld auf ein Trio - das spätere Stockerl - dezimiert, die mitfavorisierten Guteni Shone (ETH) und Fantu Jimma (ETH) waren nicht mehr dabei.

Bitter für Jimma und Debütantin Susan Jeptoo (FRA) war, dass sie beim Halbmarathon falsch abgebogen und ins Ziel gelaufen waren. Passiert ist das trotz genauen Briefings, wusste man doch im Vorfeld, dass es eine heikle Stelle ist. Jeptoo kämpfte sich zurück auf die Originalstrecke und wurde am Ende noch Zehnte (2:40:39).

Bei den Männern teilte sich die Elite in drei Gruppen mit den Zielzeiten 63:30 für den Halbmarathon (Endzeit offen), sowie 2:11 und 2:14 auf. In der dritten Gruppe befand sich auch der auf das Olympia-Limit losgegangene Oberösterreicher Pfeil.

Die 10-km-Durchgangszeit einer inklusive drei Tempomachern zwölfköpfigen Spitzengruppe lag bei 30:21, was einer prognostizierten Endzeit von über dem Streckenrekord des Äthiopiers Getu Feleke (2:05:41/2014) lag, der allerdings bereits im Vorfeld aufgrund der Entry-Zeiten der Teilnehmer nicht realistisch gewesen war. Bereits bei Kilometer 16 stieg der erste Pacemaker aus.

Kurz vor dem Halbmarathon erhöhte das Feld das Tempo, ging bei 1:03:59 durch. Beim zweiten Mal in der Prater Hauptallee lag das Sextett Chemosin, Suleiman Simotwo (KEN), Silas Limo (KEN), Shengo Kebede (ETH), Charles Cheruiyot (KEN) und Debütant Raymond Choge (KEN) voran. Der mitfavorisierte Kenianer Levy Matebo, mit 2:05:16 der Athlet mit der niedrigsten persönlichen Bestzeit im Teilnehmerfeld, hatte bereits einige Sekunden Rückstand. Auch der hoch gehandelte Debütant David Kogei (KEN) war nicht mehr mit dabei.

Eine Attacke von Simotwo bei Kilometer 35 ging zwar ins Leere, jedoch kamen nur Chemosin und Cheruiyot wieder heran. Bald setzte sich Chemosin entscheidend ab und lief seinem ersten Sieg nach Platz zwei in Warschau und vier in Toronto (jeweils 2015) entgegen. Er führte einen kenianischen Fünffachsieg an, verwies Cheruiyot (2:10:09), Simotwo (2:10:15), Limo (2:10:16) und Choge (2:11:07) auf die weiteren Plätze.

"Ich habe den Wind vom Start bis zum Ziel gespürt. Ich wusste, es wird sehr schwierig, mein Ziel zu erreichen und unter 2:08 zu laufen. Das war bei dem Wind nicht möglich", sagte Chemosin. Über den ersten Karriereerfolg freute er sich aber sehr. "Das ist der Beginn meines Lebens." Nächstes Ziel ist es, möglichst schnell unter die 2:08 zu kommen.

Seine Marathon-Karriere begonnen hat Pfeil, der Debütant verpasste das Olympialimit von 2:14 aber um 2:37 Minuten. Zwar hatte er sich optimal vorbereitet, die Voraussetzungen am Renntag waren es ob des starken Windes aber nicht. "Bei Kilometer 35 habe ich gemerkt, dass der Traum von Olympia wegflutscht. Es ist dann sehr hart geworden, ich bin froh, dass ich im Ziel bin", sagte der angehende Veterinärmediziner.

Er sei überwältigt, was in Wien los gewesen sei. "Ein Marathonlauf in Wien ist noch einmal eine andere Dimension. Ich bin dankbar für alles, das ich auf der Strecke miterleben durfte. Danke an alle, die mich unterstützt haben."

Pfeil, anfangs mit Haube und Handschuhe bekleidet, absolvierte den Halbmarathon in 1:07 und lag damit noch im Plan. Nach Ausstieg der Tempomacher war er gemeinsam mit dem Portugiesen Hermano Ferreira und dem Äthiopier Tolossa Chengere unterwegs. Unterstützung bekam er auch von Trainingskollegin Andrea Mayr, die ihm an Rad begleitete. Sie ist bereits für Olympia qualifiziert und nominiert.

Im Frauenrennen setzte sich Freitag im Kampf um die Position der besten Österreicherin gegen Cornelia Köpper (15.) durch. "Ich habe mich bei Kilometer 36 absetzen können. Damit habe ich nicht gerechnet. Das Ziel war eine Zeit um 2:44 als Vorbereitung für den Salzburg-Marathon."