Eine 23-jährige Niederländerin hat für ein kleines Erdbeben in der Sprintwelt gesorgt. Auf dem Weg zu WM-Gold in Peking verbesserte Dafne Schippers am Freitag den 29 Jahre alten Europarekord über 200 m auf 21,63 Sekunden. Die ehemalige Mehrkämpferin kürte sich zur ersten Weltmeisterin aus Europa auf dieser Strecke seit der Russin Anastasia Kapatschinskaja 2003 in Paris.

"Das ist doch verrückt! Ich kann das gar nicht glauben!", jubelte Schippers. "Ich habe auf Gold und eine Zeit unter 22 gehofft und beides habe ich erreicht. Was für ein Rennen!" Unmittelbar nach dem Lauf habe sie sich nicht gut gefühlt, deshalb sei sie länger auf der Bahn gelegen. "Es ist immer so, wenn es warm ist und ich solche Zeiten laufe. Da brauche ich etwas Zeit zum Erholen."

"Ich bin relaxt geblieben"

Schippers erreichte die viertschnellste Zeit der Geschichte hinter Florence Griffith-Joyner (USA/21,34 und 21,56, jeweils 1988) und Marion Jones (USA/21,62, 1998). Sie verwies die Jamaikanerinnen Elaine Thompson (21,66) und Veronica Campbell-Brown (21,97) auf die weiteren Medaillenränge. "Auf den letzten 30, 40 Metern bin ich relaxt geblieben, ich denke, deshalb habe ich gewonnen", erzählte Schippers. Den Europarekord hielten ex aequo mit 21,71 die Deutschen Marita Koch (1979) und Heike Drechsler (1986).

Nicht am Start waren Olympiasiegerin Allyson Felix (USA), die für das WM-Jahr auf die volle Stadionrunde umgestiegen ist und dort auch den Titel nach Hause lief, und Titelverteidigerin und 100-m-Gewinnerin Shelly-Ann Fraser-Pryce (JAM), die sich gegen das Double in Peking entschieden hatte. Schippers hatte über 100 m die Silbermedaille gewonnen.

Erstmals 110-m-Hürden-Weltmeister ist der Russe Sergej Schubenkow, der in 12,98 Sekunden knapp dem Jamaikaner Hansle Parchment (13,03) und dem US-Amerikaner Aries Merritt (13,04) das Nachsehen gab. "Ich kann mich an das Rennen nicht erinnern. Ich habe die Startpistole gehört, dann habe ich meine Augen geöffnet und es war vorbei", sagte der ungläubige Schubenkow. Es war das erste Gold für Russland in China.

Titelverteidiger David Oliver aus den USA ging als Siebenter leer aus. Olympiasieger und Weltrekordler Merritt blickt bereits am Dienstag der nächsten Herausforderung entgegen, bei einer Transplantation soll er die Niere seiner Schwester erhalten.

Hürden-Gold für Danielle Williams

Über 100 m Hürden der Frauen gab es ein überraschendes Podest. Die Jamaikanerin Danielle Williams gewann in persönlicher Bestzeit von 12,57 Sekunden vor der Deutschen Cindy Roleder (12,59) und der Weißrussin Alina Talay (12,66). Brianna Rollins (USA) blieb nur Rang vier, Tiffany Porter (GBR) Rang fünf. Im Halbfinale waren gleich fünf Athletinnen gestrauchelt, darunter auch die Österreicherin Beate Schrott, die sich am linken Beinbeuger verletzte und das Rennen abbrach, und Favoritin Dawn Harper Nelson aus den USA.

Im Weitsprung siegte die US-Amerikanerin Tianna Bartoletta mit der Jahresweltbestleistung von 7,14 m vor der Britin Shara Proctor (7,07) und der Serbin Ivana Spanovic (7,01). Für Bartoletta war es das zweite WM-Gold nach 2005, damals noch unter dem Namen Madison. "Es ist nicht so, dass ich nicht an diesen Titel 2005 gedacht habe, als ich hierherkam. Ich freue mich sehr, dass ich es noch einmal hingebracht habe", meinte Bartoletta.

In der Früh hatte sich über 20 Kilometer Gehen der Frauen Weltrekordlerin Liu Hong in 1:27:45 Stunden ganz knapp vor ihrer zeitgleichen Landsfrau Lu Xiuzhi durchgesetzt, die Bronzemedaille sicherte sich die Ukrainerin Liudmila Oljanowska (1:28:13). "Ich habe viel Druck verspürt, China hatte noch keine Goldmedaille gewonnen. Jeder hat darauf gewartet", sagte Liu.