Für die eine oder andere italienische Zeitung ist es schon fix: Sebastian Vettel bekommt 2016 einen neuen Teamkollegen: Valtteri Bottas wird seinen finnischen Landsmann Kimi Räikkönen ablösen, behauptet vor allem der „Corriere della Sera“. Doch ganz so fix scheint die Entscheidung, dass die Roten die Option auf den „Iceman“ nicht ziehen, noch nicht.

Wohl auch deshalb, weil es mindestens zwölf Millionen Euro kosten würde, Bottas aus seinem noch bis Ende 2016 laufenden Williams-Vertrag herauszukaufen. Zweitens ist die Frage, was Ferrari bei einem Tausch Räikkönen gegen Bottas wirklich gewänne. Zwar galt Bottas speziell Ende 2011, nach dem Gewinn des Meistertitels in der GP3-Serie, als absolutes Riesentalent, dieser Hype um das "Wunderkind" wurde auch von seinem Management, in das neben Didier Coton, der sich einst um Mika Häkkinen kümmerte, auch Mercedes-Sportchef Toto Wolff involviert war und ist, trefflich geschürt.

Das direkte Duell

Als der Finne dann 2013 bei Williams Stammfahrer wurde, konnte er gerade unter speziellen Umständen, zum Beispiel bei wechselnden Wetterbedingungen, wirklich ein paar Höhepunkte setzen, lag Anfang 2014 auch immer wieder deutlich vor seinem damals neuen Teamkollegen Felipe Massa. Doch in der Zwischenzeit ist nicht mehr viel zwischen den beiden, im Qualifyingduell 2015 führt der Brasilianer sogar mit 6:4. Im Qualifying auf dem Hungaroring lag er jetzt allerdings drei Zehntel vor Massa, wobei jedoch auch nur ihm der neue Williams-Heckflügel zur Verfügung stand. Auch Sky-Experte Marc Surer stellte kürzlich fest, dass Bottas, der am 28. August inzwischen auch schon 26 Jahre alt wird, im direkten Duell mit Massa eigentlich zu wenig gezeigt habe, um sich unbedingt für Ferrari aufzudrängen.

Ex-GP-Pilot Alexander Wurz, als Williams-Berater natürlich sehr nahe dran, gibt freilich zu bedenken: „Man darf bei solchen Vergleichen nicht den Fehler machen, Felipe zu unterschätzen. Man weiß, dass der, wenn er sich wo wohlfühlt, Top-Leistungen bringen kann. Und bei uns fühlt er sich richtig wohl.“ Für den Österreicher hat Bottas sehr wohl eine Menge Qualitäten, die ihn für Ferrari interessant machen: „Er ist ein akribischer Arbeiter. Er gibt den Ingenieuren für die Entwicklung glasklare Richtlinien vor. Das bezieht sich auf die kurzfristige Arbeit mit den Renningenieuren an der Abstimmung, das gilt aber auch mittel- und langfristig, also bezüglich der Entwicklungsrichtung fürs Auto. Und dass er überdies sehr schnell Auto fahren kann, dürften inzwischen alle gesehen haben.“

Offizielle Gespräche

Dass es Gespräche zwischen Williams und Ferrari gibt, hat inzwischen auch Teamchefin Claire Williams offiziell bestätigt. „Aber das sind vertrauliche Gespräche. Sie müssen vertraulich sein, weil es um Vertragsinhalte geht.“ Sie sagt aber auch: „Wenn Valtteri gehen sollte – und das ist ein großes Wenn –, dann wäre das natürlich eine Enttäuschung, denn wir haben viel Zeit und Ressourcen investiert und wissen, dass er ein großes Talent ist.“
Dafür, dass noch nicht alles entschieden ist, spricht auch, dass Sebastian Vettel derzeit keine Gelegenheit auslässt, Kimi Räikkönen möglichst starkzureden, und klarmacht, dass er lieber noch ein Jahr mit ihm weitermachen würde.

Die Formel-1-Fans weltweit hätten wohl auch nichts dagegen. Denn gegen den gerade wegen seiner Ecken und Kanten sehr beliebten Kimi fällt Bottas in Sachen Persönlichkeit doch deutlich ab. Ehrlich ist er allerdings – zumindest in der Beziehung, dass ihn die Gerüchte und das Warten nerven: "Das Schlimmste war, als jemand zu mir kam und schon zum Vertrag gratulierte . . ."