Der französische Ex-Pilot und heutige FIA-Chef sowie der fast allmächtige Formel-1-Geschäftsführer aus London sollen es laut Berger richten. "Es kann nur etwas passieren, wenn jemand oben an der Spitze sehr überlegt und mit sehr viel Erfahrung ans Werk geht", appellierte Berger an die Verantwortlichen.

Denn Effizienz dank der neuen Turbo-Hybridmotoren hat sich in der Formel 1 nicht als Verkaufsknüller erwiesen. Das ist mittlerweile bei allen Teilnehmern und Verantwortlichen angekommen. Die Fans quittieren es, indem sie immer häufiger daheimbleiben oder nicht einmal mehr im Fernsehen zuschauen.

Das aktuelle Problem nur an der Überlegenheit von Mercedes festzumachen, das von den bisher 27 Rennen seit der 2014 erfolgten Einführung der neuen Antriebsstränge gleich 23 gewonnen und dabei 16 Doppelsiege gefeiert hat, wäre freilich falsch. Das Problem ist eher, dass die unmittelbaren Konkurrenten bzw. deren Motorenabteilungen den Zug verpasst haben und zudem auch noch zu langsam aufholen.

Die nächsten großen Änderungen sind für 2017 bereits geplant. Um sechs Sekunden schnellere und schwieriger zu fahrende Autos sowie breitere Reifen lautet die Vision. "Die Piloten müssen nach den Rennen wieder aussehen wie Formel-1-Fahrer und nicht wie Ballerinas", fordert selbst Toto Wolff von Mercedes.

"Es darf aber vor allem nicht schon wieder einen Schnellschuss geben", warnte Berger zuletzt beim Österreich-Grand-Prix in Spielberg vor einer Fortsetzung des Zick-Zack-Kurses, dem sich die Königsklasse seit Jahrzehnten hingibt. Für jedes Argument findet irgendein maßgebliches Team mit Sicherheit rasch ein Gegenargument.

Auch der in der gefährlichen Turbo-Ära fahrende Berger hofft deshalb, dass es nun rasch zu einer Erneuerung der Formel 1 kommt. Der Tiroler ist aber Realist genug, um zu wissen, dass im sehr komplexen Motorsport Änderungen gut durchdacht sein wollen.

"Das Geschäft braucht eine Vorlaufzeit, weil die Verträge und die Regeln dementsprechend sind und das alles ja erst einmal umgesetzt werden muss." Ebenfalls in Spielberg hatten selbst die Mercedes-Kapazunder Niki Lauda und Wolff ihr Placet zu Änderungen gegeben und für eine möglichst rasche Umsetzung plädiert.

Auch für Berger sollte nun rasch gehandelt werden. "Irgendwie ist die Zeit da, dass man das Ganze auf ein neues Level stellt. Man sieht einfach, dass der Sport attraktiver werden muss und dass die Regeln viel zu kompliziert sind", sagte der Ex-Pilot, der 210 Grand-Prix-Rennen absolviert, zehn gewonnen hat und später Mitbesitzer des Toro-Ross-Rennstalls war. Im April 1989 hat Berger im Ferrari nur mit viel Glück einen Horror-Feuerunfall in Imola überlebt. Heute sagt er: "Die ganze Formel 1 ist überreguliert."

Gekommen sei dies schleichend, analysierte Berger. Wenn das Boot nun also herumgerissen werden soll, sei vor allem die Spitze des Motorsports gefordert. Berger: "Ich rede da von Jean Todt und Bernie Ecclestone. Sie sind es, die ein Machtwort sprechen müssen und nur im Sinne des Sportes die Weichen stellen dürfen."

Auch für den Österreicher hat sich nämlich die mit einem hochgradigen Mitspracherecht der Teams verbundene Machtverschiebung in der Formel 1 als Schuss ins Knie entpuppt. "In diesem Geschäft besteht immer die Gefahr, dass Viele mitreden, aber jeder doch irgendwo immer Eigeninteressen hat. Das funktioniert nicht."

Die Entscheidungsgewalt muss für Berger daher wieder zurück zur Spitze - also dem Automobil-Weltverband (FIA) und dem Formel 1 Management (FOM). "Sie müssen gemeinsam entscheiden. Die anderen spielen dann entweder mit oder eben nicht."

Je mehr sich die Formel 1 in den vergangene Jahren "verfahren" hat, umso mehr haben auch Bergers Erfahrung und Meinung an Gewicht dazugewonnen. Der 55-jährige Vater von vier - zum Teil schon erwachsenen - Mädchen bleibt aber dabei, dass er nicht der neue starke Mann in der Formel 1 sein möchte.

"Nein", lautete Bergers knappe Antwort auf die Frage der APA - Austria Presse Agentur, ob er sich derzeit einen verantwortlichen Führungsjob an der Spitze des Motorsports vorstellen könne. "Wir haben einen sehr kompetenten FIA-Präsidenten und einen super erfolgreichen Topmanager Bernie Ecclestone", verwies er vielmehr auf die aktuellen Akteure. "Wenn die beiden ihr Gewicht zusammenlegen, werden sie das Problem in Kürze im Griff haben. Sie sind jetzt gefordert."