Auch nach Fernando Alonsos erster öffentlichen Stellungnahme seit seinem schweren Testunfall bleiben die wirklichen Ursachen für den Einschlag in eine Mauer ein großes Rätsel. Datenlücken in den entscheidenden Momenten und teilweise widersprüchliche Aussagen sorgen weiter für Verwirrung sowie Zweifel an den offiziellen Versionen. "Die Lenkung war blockiert", räumte Alonso wenigstens ein.

Der zweifache Formel-1-Weltmeister sorgte am Donnerstag in Sepang damit dafür, dass die Rätsel eher größer als kleiner geworden sind. "Es ist klar, dass es ein Problem am Auto gab. Aber wir haben in den Datenaufzeichnungen nichts gefunden." Deshalb gebe es keine eindeutige Antwort, so Alonso. Sein McLaren-Team hatte dagegen noch vor kurzem beteuert: "Wir konnten keinen technischen Defekt feststellen."

Klar ist, dass Alonso an diesem Wochenende in Malaysia seine Grand-Prix-Premiere im McLaren-Honda bestreiten darf. Nach den umfassenden obligatorischen Untersuchungen am Vormittag an der Rennstrecke durch Ärzte des Internationalen Automobil-Verbands FIA und des Streckenhospitals erhielt der Spanier grünes Licht für die Teilnahme am zweiten Saisonlauf. "Ich bin glücklich, hier zu sein", sagte er. Er habe keine Angst, dass wieder etwas passieren könne. "Ich vertraue dem Team voll", versicherte Alonso.

In kurzer schwarzer Hose und dem nach fünf Ferrari-Jahren noch ungewohnten weiß-schwarzen Team-Shirt versuchte Alonso, sich locker und gelöst zu geben. Immer gelang das aber nicht. Bei der offiziellen FIA-Pressekonferenz prasselten die Fragen beinahe ausschließlich auf ihn ein. Die anderen fünf Fahrer wirkten wie Staffage. Ein Medienvertreter entschuldigte sich sogar dafür, dass fast nur Fragen an Alonso gestellt wurden.

Aber trotz vieler Antworten blieb offen, wie es zu dem Crash am 22. Februar in Barcelona kommen konnte. Alonso erlitt dabei eine schwere Gehirnerschütterung, widersprach nun aber der These, er sei schon kurz zuvor oder gleich danach bewusstlos gewesen. "Ich erinnere mich an alles. Ich habe erst das Radio abgeschaltet, dann die Batterie", berichtete der 33-Jährige. Erst nachdem er im Hospital Medikamente bekommen habe, sei er kurz ohne Bewusstsein gewesen. Behauptungen, er habe nach dem Aufwachen italienisch geredet und geglaubt, 17 Jahre alt zu sein, bezeichnete Alonso als Unsinn: "Alles war normal beim Aufwachen."

Weshalb es in der High-Tech-Welt Formel 1 ausgerechnet von seinem Unfall keine Datenaufzeichnungen gebe, begründete Alonso mit fehlenden Sensoren. Inzwischen soll McLaren hier nachgerüstet haben. Ob die Ursachen aber je bekannt werden, bleibt zweifelhaft.

Alonso hat den Crash abgehakt und freut sich aufs Rennen. "Motorsport ist gefährlich", erinnerte er lakonisch an ein altes Motorsport-Motto. Manchmal habe man eben einen großen Unfall. Aber das sei wie im normalen Leben: Es könne gut oder weniger gut ausgehen.

Nun fiebert der dreimalige Sepang-Sieger der Hitzeschlacht am Sonntag (09.00 Uhr MESZ, live ORF 1, RTL und Sky) entgegen, bei der nach dem überlegenen Doppelsieg von Australien erneut die dominierenden Mercedes von Lewis Hamilton und Nico Rosberg als große Favoriten gelten. "Ich habe hier 2003 meine erste Pole-Position geholt, stand hier erstmals auf dem Podium und habe mit drei verschiedenen Teams gewonnen", verwies der Doppel-Champion auf seine beeindruckende Bilanz.

Jetzt auch nur annähernd an diese Erfolge heranzukommen, erwägt Alonso nicht einmal im Traum. "Wir müssen mit beiden Füßen auf dem Boden bleiben", mahnte er. "Wir sind noch nicht da, wo wir sein wollen." Obwohl McLaren-Honda noch nicht konkurrenzfähig ist, versicherte der Spitzenpilot: "Ich bin einer der glücklichsten Menschen der Welt - wirklich! Ich verfolge meinen Traum."