Ferrari hat einen großen Sprung nach vorne gemacht, wird selbst von den Silbernen als härtester Konkurrent angesehen – noch vor Red Bull. Der neue Chef ist schon ein Spiegelbild der neuen Truppe. Maurizio Arrivabene kennt die Formel 1 aus seiner Zeit als Chef von Marlboro Italien und Vizepräsident von Philip Morris und er hat offenbar auch Talent in Sachen Menschenführung. Ein nicht zu unterschätzender Faktor für die Scuderia auf dem Weg zurück in die Erfolgsspur.

Der 57-Jährige hatte beim ersten Barcelona-Test seinen großen Auftritt, eine fast einstündige Pressekonferenz, in der er das schaffte, was schon dem großen Luca di Montezemolo immer gelungen war: mit den Medien zu spielen, immer wieder für Schmunzeln bis hin zu Gelächter zu sorgen, Sympathien zu gewinnen – und dabei so ganz beiläufig auch noch die eine oder andere wichtige Information fallen zu lassen.

Zum Beispiel ist es gelungen, den südafrikanischen Designer Rory Byrne, der damals zu Beginn der Schumacher-Zeit zusammen mit seinem kongenialen Partner Ross Brawn zu den „Roten“ gekommen war, wieder stärker in das Tagesgeschäft in Maranello einzubinden. Byrne war stets unterschätzte Teil des Duos – dabei war er es, der die Autos entwarf und so schnell machte, dass viele Strategiespiele überhaupt erst möglich wurden.

Ist "Kimi" krank?

Alle gehen in ihrer Aufgabe auf. Die Motorenabteilung hat auch am Heiligen Abend nicht Jingle Bells gehört, sondern Motorensound. Die neue Stimmung bei Ferrari habe alle erfasst. Über den Winter ist technisch aufgerüstet, einige größere Veränderungen am Auto sind vorgenommen worden. So scheinen auch Sebastian Vettel und Kimi Raikkönen mit dem neuen Modell recht zufrieden. Das Wichtigste aber für den neuen Chef: "Wir sind wieder ein Team. Ohne Grüppchenbildung, ohne Politik, ohne, dass einer die Verantwortung auf den anderen schiebt. Alle ziehen am gleichen Strang. Die Stimmung in der Box – und auch zu Hause im Werk ist gelöst. Die Leute wirken wie befreit, seit wir ihnen eine neue Verantwortung gegeben haben." Sogar Kimi Räikkönen lässt sich davon anstecken – der Finne lacht und redet ungewöhnlich viel. So viel, dass Arrivabene ihn schon fragte: "Was ist los mit dir, bist du krank?"

KARIN STURM